1) Entstehungsgeschichte von GSD
Im Verlauf der rassistischen Mobilisierung 2014/2015 schickten sich unter dem Label HoGeSa („Hooligans gegen Salafisten“) bundesweit Hooligans, langjährig aktive Nazis und deutsche Dumpfbacken an, „christlich-abendländische Werte“ gegen den Islam zu verteidigen. So absurd es auch klang, dass eine Mischung aus rechten Hooligans und Schlägern, strammen Nazis und Zuhältertypen etwa Frauenrechte verteidigen wollte, so hatten sie doch erheblichen Zulauf.
Höhepunkt der damaligen HoGeSa-Mobilisierung war sicherlich der 26. Oktober 2014 in Köln (Link 1, Link 2). Hier versammelten sich mehr als 4.000 Personen und soffen, pöbelten, prügelten sich durch die Innenstadt, oben vom Lautsprecherwagen musikalisch untermalt vom Bremer Nazi Hannes Ostendorf und seinen „Kategorie C“.
Eine derart große Mobilisierung gelang HoGeSa zwar kein zweites Mal, dennoch tauchte der oben beschriebene, diffuse Personenkreis von nun an häufiger auf, um Hetze gegen MigrantInnen zu verbreiten oder der Antifa den Krieg zu erklären.
Trotz der anfänglichen Dynamik – vor allem auf der Straße – hielt der Burgfrieden innerhalb des rechten HoGeSa-Dunstkreises nicht allzu lange. Polizeiliche Repression sowie aufbrechende alte Streitigkeiten um Führungsansprüche oder Finanzen aus dem Merchandise-Verkauf führten schlussendlich dazu, dass HoGeSa sich aufspaltete und dem Müllhaufen der Geschichte zuwandte. Was von dort seit dem noch am strengsten riecht, ist vermutlich der Soundtrack von Kategorie C „Hooligans gegen Salafisten“.
Aktiver als das „Bündnis Deutscher Hools“ (B.D.H.) präsentierte sich in der Folgezeit die zweite HoGeSa-Abspaltung: „Gemeinsam Stark Deutschland“ (GSD). In mehreren Bundesländern bildeten sich aktive GSD-Gruppen, auch ein Großteil der aus dem Raum Bremen bei HoGeSa aktiven Personen schloss sich bald dem lokalen GSD-Haufen an.
2) GSD Bremen
In Bremen traten Teile dieser Mischpoke bereits am 2. Juni 2014 bei einer rechten Mobilisierung gegen eine Kundgebung des „Salafistenpredigers“ Pierre Vogel vor dem Bremer Bahnhof erstmals sichtbar auf.
Die folgenden Jahre 2015 und 2016 waren die Blütezeit der Bremer GSD-Gruppe. Sie beteiligte sie sich an etlichen überregionalen Naziaufmärschen, z.B. am 28. März 2015 in Dortmund, am 9. Januar 2016 in Köln, am 7. Mai 2016 bei „Merkel muss weg“ in Berlin, oder am 3. Oktober 2016 in Dresden.
Regionale GSD-Akteure waren auch bei sogenannten, meist rassistisch motivierten, „Bürgerprotesten“ in Norddeutschland anwesend (z.B. bei „HAGIDA“ in Hannover, bei „OLGIDA“ in Oldenburg oder bei „Bremerhaven redet Klartext“).
Bundesweite GSD-Strukturen führten zudem mehrere eigene Kundgebungen und Aufmärsche durch, mit maßgeblicher Unterstützung und Organisation der Bremer GSD-Gruppe. Etwa am 2. Mai 2015 in Erfurt, am 9. April 2016 in Magdeburg oder am 8. Oktober 2016 in Dortmund. Außer bei GSD-eigenen Aufmärschen waren die Bremer auch an der Planung und Durchführung des ursprünglich für Hamburg geplanten „Tag der Patrioten“ in erheblichem Maße beteiligt (12. September 2015).
Im Bremer Stadtgebiet fielen lokale GSD-Nazis wiederholt durch Sprüh- und Klebeaktionen auf, etwa im Vorfeld des 1. Mai 2016 am Ostkurvensaal des Weserstadions.
Jeweils in der Vorweihnachtszeit 2014 und 2015 versuchten sie, ihre nationale und soziale Ader durch die Verteilung von Kleidung und Lebensmittelspenden an deutschstämmige Obdachlose und Bedürftige zu befriedigen.
Aus genau dieser Szene stammte auch die Mobilisierung zu einer Kundgebung zum Thema Frauenrechte am 26. März 2016 vor dem Bremer Hauptbahnhof, die aufgrund von Gegenprotesten jedoch kurzfristig abgesagt wurde.
Auch wenn die GSD-Hetze sich meist gegen „Salafisten“ richtete, war die hauptsächliche Richtung ihrer Aktivitäten eher „die Antifa“: So griff eine Gruppe Nazis und rechter Hooligans beim Nordderby in Bremen am 19. April 2015 unter maßgeblicher GSD-Beteiligung linke Ultras an. Auch beim darauf folgenden „Valentin-Prozess“ kam es wiederholt zu Bedrohungen und Angriffen von GSD-Aktivisten gegen Linke, mehrmals versuchten sie Antifaschist*innen zu beobachten und zu fotografieren.
Geplanter Höhepunkt aus GSD-Sicht war der Versuch, im Rahmen eines „Kampftags“ am 18. Juni 2016 Orte und Mitglieder der antifaschistischen und linken Bremer Szene anzugreifen. Die mehr als 40 zum Teil bundesweit angereisten Teilnehmer*innen wurden allerdings bereits an ihrem Startpunkt, der Bremer Uni, von der aus internen Quellen gut informierten Polizei hochgenommen.
Ende 2016 folgte noch ein Angriff auf einen Grünenpolitiker, bei dem nachts Steine ins Wohnungsfenster geschmissen wurden.
3) Akteure und Umfeld
Die meisten aktiven GSD-ler aus der Bremer Region waren schon vor 2014 im Kontext von rechten Aktivitäten aufgefallen, einige bereits vor 20 Jahren und mehr. Ein nicht unerheblicher Teil von ihnen entstammte der älteren Stadion- und Hooliganszene und kannte sich seit vielen Jahren, etwa aus der sehr rechtslastigen Hooligangruppe „Bad Boys“ der späten 1980er Jahre. Viele der späteren GSD-Aktiven gehörten zur B‑Mannschaft derartiger Kreise und fristeten die Jahre davor ein eher unauffälliges Dasein unter Thor-Steinar-Jacken, in Kategorie C‑Fanclubs und/oder in sozialen Netzwerken.
Von Anfang an zeigte sich GSD als Zusammenschluss aus verschiedensten Gruppen und Grüppchen sowie Einzelpersonen. Die Bremer GSD-Gruppe war dabei lokal und überregional durchaus gut vernetzt: Neben Verbindungen nach Hamburg und Magdeburg gab es personelle Überschneidungen und freundschaftliche Kontakte mit Gruppierungen wie der Nazibruderschaft „Nordic 12“, zum lokalen Ableger der rechten NS-Kleinpartei „Die Rechte“, zur „Endstufe-Crew“, zur „Sektion Nordland“ aus dem Großraum Hamburg oder zu „Freibeuter Bremen“, einer losen rechtslastigen Männerclique die sich zu Freizeitaktivitäten mit maritimem Bezug trifft.
Über Gruppen wie die „Standarte Bremen“ und die Band „Kategorie C“ sowie namentlich die Brüder Henrik und Hannes Ostendorf entstanden weitergehende Kontakte in die bundesweite Hooligan- und Rotlichtszene sowie in fester organisierte Nazikreise. Anlässlich des HoGeSa-Aufmarschs in Hannover leitete Henrik Ostendorf die Bremer GSD-Truppe in puncto Ordnertätigkeiten und Versammlungsorganisation an. Über soziale Netzwerke und entsprechende Foren entstanden Kontakte zu politisch ähnlich ausgerichteten Kreisen im gesamten Bundesgebiet. Auch bekannte Nazis aus Hamburg, wie Thorsten de Vries oder Sven Reichert, verbandelten sich mit GSD-Strukturen und arbeiteten, wenn auch nicht langfristig, zusammen.
Mit etwas Abstand kann festgestellt werden, dass GSD die Spitze einer plötzlich offensiver auftretenden Mischszene aus Hooligans, Nazis, Rechtsrockfans und einer Füllmasse an sonstigen Dumpfbacken darstellte, die sich auf der Welle rassistischer Mobilmachung und deutsch-nationalem Pöbel zu inszenieren suchte. Bis sie durch interne Streitereien, Dummheit, erste Ausstiege, staatliche Repression – und nicht zuletzt deutliche antifaschistische Gegenwehr – zu großen Teilen wieder dort hin befördert wurden, wo sie herkamen.
Seit 2017 sind keine öffentlichen Aktivitäten unter dem Namen GSD mehr festzustellen, die Gruppe ist faktisch nicht mehr existent.
4) Was kommt danach?
Zuletzt träumte ein verbliebener Kern der früheren GSD-Gruppe von einer „Sportgruppe“, um sich für den Kampf mit dem politischen Gegner vorzubereiten. Kuschela und andere haben zudem als Kofferträger, Fanclub und Merchandise-Lumpen neue Betätigungsfelder gefunden und reisen im Anhang von KC zu Konzerten und Festivals.
Seit einigen Jahren werden die Europa- und bundesweiten Strukturen von „Blood&Honour“ (B&H) bzw. „Combat 18“ (C18) verstärkt reaktiviert und ausgebaut. Schon in den 90er Jahren waren Kategorie C bzw. „Nahkampf“ und die Brüder Ostendorf in diese Strukturen eingebunden. Es ist davon auszugehen, dass sie und ihr näherer Anhang auch aktuell beteiligt sind. Bei den beiden Rechtsrock-Festivals in Themar (15.07.2017 bzw. 29.07.2017: Teil 1, Teil 2) mit teilweise mehreren Tausend Teilnehmer*innen wurden Verbindungen zwischen C18, Ostendorf, Kuschela und Co. sichtbar.
Ein weiteres im April 2018 geplantes Rechtsrock-Festival mit etlichen C18-Bands und KC/Nahkampf passt zu diesen kürzlichen Entwicklungen.
5) Personen
Da nicht davon auszugehen ist, dass das Ende von GSD auch das Ende der Aktivitäten der bis vor kurzem dort aktiven Personen bedeutet, präsentieren wir an dieser Stelle einige GSD-Nazis, die seit 2014 wiederholt an rechten Aktivitäten teilgenommen haben und an Übergriffen beteiligt waren. In der Vergangenheit benötigte rechte Gewalt nie eine bestimmte Struktur oder ein gemeinsames Label, und hörte nicht auf, sobald eine Gruppe nicht mehr öffentlich in Erscheinung trat. Insofern ist dieser Artikel mit allen Bildern auch als Hilfe zu verstehen, rechte Gewalttäter rechtzeitig zu erkennen und Nazigewalt zu verhindern. Und nicht zuletzt als deutlichste Ansage an erwähnte rechte Aktivisten, Hetzer, Schläger und Helfershelfer, die Füße still zu halten – egal unter welchem Label!
Marcel Kuschela (Bremen) war Bereichsleiter von GSD-Nord. Der ehemalige Schlagzeuger des KC-Ablegers „VollKontaCt“ war auch schon mal bei der Rockertruppe „Mongols“ aktiv und hat immer noch engste Kontakte zu KC. Nach seinem Rücktritt als HoGeSa-Nord-Vorsänger war er treibende Kraft bei der GSD-Gründung, kündigte Ende 2016 aber seine Abkehr von GSD an.
Jens und Michaela Jagemann (Bremen) zählten zu den Führungsfiguren von GSD-Nord. Beide sind seit langem in der Rechtsrockszene aktiv, speziell in der „Endstufe-Crew“.
Michael Hampe (Bremen) war ebenfalls eine Führungsfigur und Leiter des GSD-Ordnerdienstes, geschult wurde er dafür von Henrik Ostendorf. Seine Lebensgefährtin Kerstin Sager stammt aus München und war beim „Ring Nationaler Frauen“ aktiv. Sie taucht seit Jahren regelmäßig auf Nazi-Aufmärschen auf.
Simon Kollmann (Porta Westfalica) stammt ursprünglich aus Bremen-Huchting und war schon in den 80ern als Nazi-Hooligan der „Bad Boys“ bekannt.
Eric und Ivonne Wessel (Bremen). Auch Wessel fiel bereits in den 80ern als Nazi-Hooligan bei den „Bad Boys“ auf.
Michael Füger (Bremen) war Anfang der 2000er Jahre Teil der Kattenturmer Naziszene und taucht immer mal wieder bei Aufmärschen und Konzerten auf.
Auch Sven Fischer (Bremen) war in den 80ern mit der „Bad Boys“-Gruppe unterwegs und fällt bis heute durch Dummheit und Gewaltbereitschaft auf.
Andre Drewitz (Bremen) fiel erstmals um 1994 mit der Bremer Nazi-Kameradschaft „Torfsturm“ auf. Er fotografierte bei GSD-Aktionen vermeintliche Gegner*innen und versuchte sich ansonsten als Techno-DJ.
Christian Oltmanns (Bremen) ist ein Kumpel von Drewitz und war mit diesem auf GSD-Aktionen unterwegs.
Lars Damberger (Bremen/Osterholz-Scharmbeck) war ein weiterer Aktivpfosten bei GSD-Bremen.
Rico Matz (ehemals Bremen, jetzt Wanne-Eikel) war bei GSD-Bremen aktiv und unterhält gute Kontakte in die Rocker-Szene.
Lennert Steltner (Bremen) kommt aus dem Umfeld der „Farge Ultras“ und war an etlichen GSD-Aktionen beteiligt, oft mit seiner Lebensgefährtin Jessica Nawrocki.
Sven Zieglowski (Lilienthal) war bei GSD-Bremen aktiv, fiel bereits vorher als Teilnehmer von Naziaufmärschen und Rechtsrock-Konzerten auf.
Auch Heiko Bartels (Bremen) ist als Besucher von Rechtsrock-Konzerten mehrfach bekannt. Er marschierte bereits mit der NPD im April 2011 durch die Bremer Neustadt und versuchte sich 2016 als Anti-Antifa-Fotograf.
Alexander Greinke (Bremen). Der ehemalige JN-Aktivist war wiederholt an GSD-Aktionen beteiligt.
Weitere Aktive aus den bröckelnden Reihen von GSD-Bremen:
- Mirco Unger (Bremen)
- Andreas Ritzmann (Bremen)
- Markus Mannshusen (Lilienthal)
- Frank Lohmann (Bremen)
- Patrick Büttner (Osterholz-Scharmbeck)
Wichtig: Wer meint, dass er/sie ja nun überhaupt nicht mehr in diesen Artikel gehört, möge sich bitte bei uns melden: Kontakt. Natürlich sind wir auch für Hinweise über oben genannte Personen und Gruppierungen jederzeit dankbar!