Rechte Hoo­li­gans atta­ckie­ren Werder-Ultras

April/Mai 2015, Bre­men. Am Rande des Nord­der­bys gegen den HSV am 19. April macht sich die durch die HoGeSa-Auf­mär­sche (Köln, Han­no­ver) neu ent­stan­dene Dyna­mik und Ver­net­zung inner­halb ver­schie­de­ner Grup­pen der extre­men Rech­ten erst­mals auch in Bre­men deut­lich bemerkbar. 

Bereits wäh­rend des Spiels sam­melt sich um die Gast­stätte „Ver­de­ner Eck“ neben vie­len nor­ma­len Wer­der-Fans ein brau­nes Pot­pourri aus (Alt-)Hools, bekann­ten Nazis und sons­ti­gen Faschos aus Rei­hen von HoGeSa bzw. „Gemein­sam Stark“ und läuft und säuft in der Gegend herum. Mit dabei sind u.a. Mirko Horn­stein („Nord­sturm Brema“ – NSHB), Felix Stolte, Rico Matz, das Ehe­paar Jage­mann und Michael Hampe (all diese: siehe unten) sowie Mar­cel Kuschela alias „Flub­ber“. Eben­falls anwe­send: Han­nes Osten­dorf („Kate­go­rie C – Hung­rige Wölfe“), Ronny Mein­hardt (Kame­rad­schafts­szene Bre­mer­ha­ven) und einige andere.

Vor'm Verdener Eck beim Nordderby, von links nach rechts: Michael Hampe, Michaela und Jens Jagemann

Vor’m Ver­de­ner Eck beim Nord­derby, von links nach rechts: Michael Hampe, Michaela und Jens Jagemann

Vor'm Verdener Eck beim Nordderby: Ronny Meinhardt (Bremerhaven, Bildmitte)

Vor’m Ver­de­ner Eck beim Nord­derby: Ronny Mein­hardt (Bre­mer­ha­ven, Bildmitte)

Marcel "Flubber" Kuschela (Bremen) bei rechtem Hooligan-Aufmarsch in Erfurt (Mai 2015)

Mar­cel „Flub­ber“ Kuschela (Bre­men) bei rech­tem Hoo­li­gan-Auf­marsch in Erfurt (Mai 2015)

Kuschela und Meinhardt beim Naziaufmarsch in Dortmund (März 2015)

Kuschela und Mein­hardt beim Nazi­auf­marsch in Dort­mund (März 2015)

Ein Teil die­ser Gruppe greift kurz vor Ende des Spiels vor dem Ver­de­ner Eck unter Rufen wie „scheiß Antifa-Fot­zen“ und Fla­schen­wür­fen eine vor­bei­lau­fende Gruppe von Wer­der-Ultras an, wel­che sich auf­grund von Sta­di­on­ver­bo­ten nicht im/am Weser­sta­dion auf­hal­ten dürfen.

Nach einer kur­zen Aus­ein­an­der­set­zung zie­hen die Ultras wei­ter, um sich nach Spie­lende auf dem Oster­deich mit ihren Freund_innen aus dem Sta­dion zu tref­fen. Die­ses Vor­ha­ben ist jedoch einer hes­si­schen Beweis­si­che­rungs- und Fest­nahme-Ein­heit (BFE) offen­sicht­lich ein Dorn im Auge – sie prü­gelt die gesamte Gruppe unter Ein­satz von Schlag­stock und Pfef­fer­spray die Ver­de­ner Straße her­un­ter – wie­der direkt in Rich­tung Ver­de­ner Eck. Dort kommt es zu erneu­ten hef­ti­gen Aus­ein­an­der­set­zun­gen mit den rech­ten Hoo­li­gans, die, sofern sie nicht das Weite suchen, ordent­lich ein­ste­cken müssen.

Schon kurz dar­auf beginnt im Inter­net das Rum­ge­heule eini­ger Nazis, die mal wie­der ver­su­chen, sich als unschul­dige Opfer zu prä­sen­tie­ren. Einige Tage spä­ter wer­den auch meh­rere Steck­briefe online gestellt, in denen Han­nes Osten­dorf und auch „DIE RECHTE Bre­men“ um Infor­ma­tio­nen über ver­meint­li­che „Antifa-Ultras“ bit­ten. Auch die Bre­mer Poli­zei schiebt zunächst jede Schuld an der Eska­la­tion anti­fa­schis­ti­schen Ultras zu.

Thomas Brünings (beim Naziaufmarsch 2000 in Weyhe)

Tho­mas Brü­nings (beim Nazi­auf­marsch 2000 in Weyhe)

Zum nach­fol­gen­den Heim­spiel gegen Ein­tracht Frank­furt (2. Mai) mobi­li­sie­ren Bre­mer Nazi­hools dann ver­stärkt, um sich „für das Nord­derby zu rächen...“. Den Tag über sind meh­rere Grup­pen unter­wegs, um Bre­mer Ultras anzu­grei­fen. Neben einer Abord­nung aus Essen sind dies­mal u.a. Han­nes und Hen­rik „Ossi“ Osten­dorf, Andre Sage­mann, Sebas­tian Fin­gas, Felix Stolte und Tho­mas Brü­nings ganz vorne dabei.

War beim vori­gen Heim­spiel die „Gemein­sam Stark“ (Ex-HoGeSa) Gruppe um Mar­cel Kuschela bei bei­den Angrif­fen auf Bre­mer Ultras noch an vor­ders­ter Front betei­ligt, fehlt sie die­ses Mal kom­plett: Die Damen und Her­ren betei­li­gen sich am sel­ben Tag an einem Auf­marsch ihrer Orga­ni­sa­tion in Erfurt.

Martin Elsner (2005 bei einem Nazi-Aufmarsch in Lüneburg)

Mar­tin Els­ner (2005 bei einem Nazi-Auf­marsch in Lüneburg)

Als Fahr­rad­spä­her kurvt dafür den gan­zen Nach­mit­tag über Mar­tin Els­ner vom rech­ten Hool-Ver­sand „Sieg oder Spiel­ab­bruch“ durch’s Bre­mer Vier­tel und hält seine Kame­ra­den per Handy auf dem Laufenden.

Man kennt sich schon länger: Bremer Nazihools beim Naziaufmarsch am 1. Mai 2006 in Rostock: Gerry Bakker, Henrik Ostendorf, Martin Elsner (v.l.n.r.)

Man kennt sich schon län­ger: Bre­mer Nazi­hools beim Nazi­auf­marsch am 1. Mai 2006 in Ros­tock: Gerry Bak­ker, Hen­rik Osten­dorf, Mar­tin Els­ner (v.l.n.r.)

Auf dem Lau­fen­den gehal­ten wer­den auch zwei „Szene-kun­dige Beamte“ (SKB) der Bre­mer Poli­zei, die am Hill­mann­platz noch kurz mit Stan­darte-Nazi Hen­rik Osten­dorf quat­schen, bevor sie wie­der ver­schwin­den. Kurz vor Spie­lende macht sich dann eine Gruppe von um die 30 Per­so­nen, dar­un­ter größ­ten­teils rechte Hoo­li­gans, auf den Weg von der Innen­stadt Rich­tung Sta­dion, völ­lig unbe­ach­tet von jeg­li­cher Art von Poli­zei. Diese beglei­tet dafür fast zeit­gleich mit mas­si­ven Kräf­ten eine große Gruppe Ultras, die sich kurz nach dem Abpfiff geschlos­sen vom Sta­dion über’s Ver­de­ner Eck zurück ins Vier­tel bewegt. Unter Anfüh­rung von Han­nes und Hen­rik Osten­dorf sowie Andre Sage­mann lau­fen direkt dahin­ter rechte Schlä­ger auf der Suche nach Angriffs­mög­lich­kei­ten, immer noch völ­lig unbehelligt.

Rechte Hools verfolgen Werder-Ultras nach dem Frankfurt-Spiel: u.a. Felix Stolte (linker Bildrand), Hannes Ostendorf (helles Basecap), Henrik Ostendorf (telefoniert), Andre Sagemann (rechter Bildrand mit Kapuze)

Rechte Hools ver­fol­gen Wer­der-Ultras nach dem Frank­furt-Spiel: u.a. Felix Stolte (lin­ker Bild­rand), Han­nes Osten­dorf (hel­les Base­cap), Hen­rik Osten­dorf (tele­fo­niert), Andre Sage­mann (rech­ter Bild­rand mit Kapuze)

Ebenfalls dabei: Thomas Brünings (ganz links mit Sonnenbrille)

Eben­falls dabei: Tho­mas Brü­nings (ganz links mit Sonnenbrille)

Ossi dirigiert per Handy

Ossi diri­giert per Handy

Nach­dem die Ultra-Gruppe sich anschlie­ßend im Stein­tor­vier­tel lang­sam zer­streut, strei­fen Grup­pen von Nazi­hools noch län­gere Zeit durch die Sei­ten­stra­ßen um Jagd auf Linke zu machen, es kommt zu meh­re­ren Angrif­fen und Angriffs­ver­su­chen. Am Abend sam­meln sich etli­che Nazi-Hools dann noch erneut in der Bahnhofsvorstadt.

Ossi mit anderen auf der Suche nach Linken

Ossi mit ande­ren auf der Suche nach Linken

Die Bre­mer Poli­zei­füh­rung gibt sich in den fol­gen­den Tagen erneut alle Mühe, die Über­griffe in den Medien als „unpo­li­ti­schen Kon­flikt“ „unter Fuß­ball­fans“ dar­zu­stel­len. Die Spre­che­rin des Bre­mer Innen­se­na­tors, Rose Gerdts-Schiff­ler, erblö­det sich gar zu fol­gen­der Aussage:

„Die Gewalt­tä­tig­kei­ten zwi­schen eini­gen Ultras und Hoo­li­gans haben mit Poli­tik nichts zu tun, auch wenn sich diese Ultras nach außen einen poli­ti­schen Anstrich geben. Am Ende ver­hal­ten sie sich wie Gewalt­tä­ter, denen mit poli­zei­li­chen Mit­teln Ein­halt gebo­ten wer­den muss und auch wird.“

Ein­schät­zung:
Bereits seit etli­chen Jah­ren agie­ren Nazis in der Bre­mer Fuß­ball- und Hoo­li­gan­szene, mitt­ler­weile zäh­len meh­rere Dut­zend von ihnen zu einem dif­fu­sen Kreis von poli­tisch rechts-offe­nen bis rechts­extrem ori­en­tier­ten Män­nern. Die aus die­sem Umfeld stam­mende rechte Bre­mer Hoo­lig­an­band „Kate­go­rie C – Hung­rige Wölfe“ fun­giert dabei als wich­ti­ger Iden­ti­fi­ka­ti­ons­fak­tor und Bin­de­glied zwi­schen Nazis und Hoo­li­gan­szene. Teile die­ser regio­na­len „Misch­szene“ sind aktive Neo­na­zis, andere bewe­gen sich im Rot­licht­mi­lieu, wie­der andere sind eher gewalt­be­reite Mit­läu­fer mit schwam­mi­gem rech­ten Weltbild.

Wäh­rend alte Hoo­li­gan­struk­tu­ren wie die „Stan­darte Bre­men“ zuneh­mend an Ein­fluss ver­lie­ren, bil­de­ten sich in der jün­ge­ren Ver­gan­gen­heit neue Zusam­men­schlüsse um einige füh­rende Aktiv­pos­ten. Eben­falls recht neu ist die Misch­poke von „Hoo­li­gans Gegen Salafisten“-Anhängern (HoGeSa), die sich aktu­ell in der Bre­mer „Gemein­sam Stark“-Gruppe sam­meln. Viele die­ser Per­so­nen sind bereits seit Jah­ren im poli­tisch rech­ten Spek­trum der Bre­mer Fuß­ball­szene anzu­tref­fen. Die Angriffe die­ser Kreise in den letz­ten Wochen zei­gen erneut, dass eine von Nazis beein­flusste Hoo­li­gan­szene wei­ter­hin exis­tiert und aktu­ell ver­sucht, alte Macht­an­sprü­che mit Gewalt durch­zu­set­zen, zumin­dest außer­halb des Stadions.

Im Weser­sta­dion sel­ber sorgt eine anti­ras­sis­tisch-geprägte Ultra-Szene mitt­ler­weile für eine zu gro­ßen Tei­len dis­kri­mi­nie­rungs­freie Atmo­sphäre – als Teil von bzw. gemein­sam mit einer akti­ven Fan­szene, die rechte Ein­flüsse seit Jah­ren zurückdrängt.

Dass diese Ent­wick­lung bestimm­ten Per­so­nen über­haupt nicht gefällt, ist natür­lich keine große Über­ra­schung. Rechte Kreise ver­su­chen immer wie­der, die Wer­der-Fan­szene zu spal­ten und Kon­flikte zu ihren Guns­ten zu eska­lie­ren. Bereits seit über 10 Jah­ren wer­den linke Jugend­li­che und Ultras immer wie­der bedroht, ein­ge­schüch­tert und kör­per­lich ange­grif­fen (Bei­spiel 1, 2, 3, 4, 5).

Beson­ders vor dem Hin­ter­grund der letz­ten Ereig­nisse ist es zum wie­der­hol­ten Mal natür­lich absurd, wenn von den rech­ten Tätern, ihren Unterstützer_innen und Sympathisant_innen immer wie­der rum­ge­heult wird, man werde in eine rechte Ecke gedrängt. Viel­mehr posi­tio­niert sich der an den jüngs­ten Über­grif­fen betei­ligte Per­so­nen­kreis seit Jah­ren sel­ber in genau die­ser Ecke, und zwar frei­wil­lig und aus Überzeugung!

Füh­rende und kon­stant betei­ligte Figu­ren bei die­sen Akti­vi­tä­ten sind u.a. Han­nes und Hen­rik Osten­dorf, Andre Sage­mann und Mirko Horn­stein. Seit kur­zem erhal­ten sie Unter­stüt­zung von Per­so­nen wie dem rech­ten Nach­wuch­shoo­li­gan Felix Stolte (sprang bereits in sei­ner Jugend im Umfeld der neo­na­zis­ti­schen „Akti­ons­gruppe Del­men­horst“ herum) oder eben von Leu­ten aus den Rei­hen von „Gemein­sam Stark“ (siehe Abschnitt unten).

Felix Stolte (bei einer Nazikundgebung im Mai 2010 in Delmenhorst)

Felix Stolte (bei einer Nazi­kund­ge­bung im Mai 2010 in Delmenhorst)

Stolte nach dem Frankfurt-Spiel

Stolte nach dem Frankfurt-Spiel


INFO: „GEMEINSAM STARK DEUTSCHLAND“

Der Zusam­men­schluss „Gemein­sam Stark Deutsch­land“ bil­dete sich Ende 2014 aus einem Flü­gel des sich in meh­rere Frak­tio­nen zer­strei­ten­den rech­ten „HoGeSa“-Sammelbeckens. Schon dort hat­ten Bre­mer inner­halb des „Bereichs Nord“ viele Auf­ga­ben und Funk­tio­nen über­nom­men, bis dahin, dass Mar­cel „Flub­ber“ Kuschela „Bereichs­lei­ter Nord“ wurde.

Auch bei GSD sind aktu­ell wie­der einige Bre­mer Rechte füh­rend dabei, z. B. Kuschela (dies­mal als „Regio­nal­lei­ter Nord“), Jens und Manuela Jage­mann, Rico Matz oder Michael Hampe (er orga­ni­siert mit tat­krä­ti­ger Unter­stüt­zung von „Ossi“ Osten­dorf deren Ord­ner­dienst). Auch aus Ost­fries­land kom­men meh­rere aktive GSD­ler. Zur Bre­mer GSD-Gruppe und ihrem wei­te­ren Ein­zugs­be­reich zäh­len ins­ge­samt ca. 20 Per­so­nen plus einer grö­ße­ren Zahl von Sympathisant_innen.

Jens und Manuela Jagemann

Jens und Manuela Jagemann

Michael Hampe

Michael Hampe

Rico Matz von vorne...

Rico Matz von vorne...

...und hinten

...und hin­ten

Als sich regio­nale GSD­ler samt Anhang am 15. März 2015 am Bre­mer Haupt­bahn­hof tra­fen, um in Ham­burg gegen eine geplante Ver­an­stal­tung von Sala­fis­ten zu demons­trie­ren, wur­den Paro­len wie „BRD heißt Kapi­tu­la­tion – Ruhm und Ehre der deut­schen Nation“ skan­diert – pro­tes­tie­rende Passant_innen wur­den mit „Antifa – Huren­söhne“ und „wir krie­gen euch alle“-Rufen belegt. Am 30. März 2015 erschien auch eine grö­ßere Bre­mer Dele­ga­tion von GSD und JNlern gemein­sam bei der OLGIDA-Kund­ge­bung in Olden­burg (Fotos, wei­tere Infos). Mitt­ler­weile fährt diese Gruppe auch auf 100%ige Nazi­auf­mär­sche, so z. B. am 28. März 2015 zum Auf­marsch von „DIE RECHTE“ in Dortmund.

Bremer Nazis beim Aufmarsch in Dortmund (28. März 2015): links Andreas Hackmann, rechts Michael Hampe

Bre­mer Nazis beim Auf­marsch in Dort­mund (28. März 2015): links Andreas Hack­mann, rechts Michael Hampe

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