Geord­ne­ter Rückzug

Januar 2015, Bre­men. Nach ziem­lich genau 25 Jah­ren ver­kün­det die Bre­mer Hoo­li­g­angruppe „Stan­darte Bre­men“ offi­zi­ell ihre Auf­lö­sung. Anlass ist ein Urteil des Bun­des­ge­richts­ho­fes, nach dem auch Hoo­li­gans grund­sätz­lich wegen der „Mit­glied­schaft in einer kri­mi­nel­len Ver­ei­ni­gung“ belangt wer­den könn­ten. Bun­des­weit hat­ten in den letz­ten Wochen bereits meh­rere andere Grup­pie­run­gen ähn­li­che Schritte verkündet. 

Die „Stan­darte Bre­men“ rekru­tierte sich von Anfang an zu wei­ten Tei­len aus der regio­na­len Nazi­hoo­li­gan­szene, ihr ursprüng­li­ches Betä­ti­gungs­feld bestand aus den sze­ne­üb­li­chen Schlä­ge­reien mit und Über­fäl­len auf Fans und Hoo­li­gans ande­rer Fuß­ball­ver­eine. Inner­halb der Bre­mer Fan­szene ver­trat sie dabei immer einen Füh­rungs­an­spruch und meinte (ggf. mit Gewalt) Ansa­gen machen zu kön­nen, was im und um’s Weser­sta­dion läuft, und was nicht.

Standarte-Banner mit Keltenkreuz im Werder-Fanblock

Stan­darte-Ban­ner mit Kel­ten­kreuz im Werder-Fanblock

Mitt­ler­weile sind viele der ehe­ma­li­gen Stra­ßen­schlä­ger ruhi­ger gewor­den und über­las­sen die Wald- und Wie­sen­bo­xe­reien z. B. ihrer Nach­wuchs­truppe namens „Nord­sturm Brema“ (NSHB). Meh­rere von ihnen sind dafür schon seit län­ge­rer Zeit eher im Rot­licht­mi­lieu anzu­tref­fen (Dro­gen­han­del, Pro­sti­tu­tion, Tür­ste­her­ge­schich­ten, u.ä.), wobei sie mit­un­ter eng mit den „Hells Angels“ und ihrem Umfeld zusammenarbeiten.

Als Teil ihres Logos benutzte die Stan­darte auch das soge­nannte „Kel­ten­kreuz“, ein weit­ver­brei­te­tes, neo­fa­schis­ti­sches Sym­bol, und Teile der Grup­pie­rung fie­len immer wie­der durch Angriffe und Angriffs­ver­su­che auf ver­meint­lich Nicht-Deut­sche, Anti­fas und linke/antirassistische Men­schen auf. So z. B. beim Über­fall auf eine Ultra-Party im Ost­kur­ven­saal (wofür sie zu Geld­stra­fen ver­ur­teilt wur­den) oder am Rande von lin­ken Demons­tra­tio­nen und Kon­zer­ten – füh­rende Köpfe wie Hen­rik und Han­nes Osten­dorf, Andre Sage­mann oder Ste­fan Ahr­lich waren und sind immer beteiligt.

Hen­rik Osten­dorf z. B. ist einer der umtrie­bigs­ten Bre­mer Nazis, er trat u.a. als Geschäfts­füh­rer des NPD-Ver­lags „Deut­sche Stimme“ in Erschei­nung und war erst kürz­lich bei der HoGeSa-Kund­ge­bung in Han­no­ver für die Ord­ner­struk­tur zustän­dig. Sein Bru­der Han­nes ist nach wie vor Sän­ger der rech­ten Hoo­lig­an­band „Kate­go­rie C – Hung­rige Wölfe“, die irgend­wann mal das Motto besun­gen, an das sich beide Brü­der seit Jah­ren – höchst ehren­wert – sel­ber hal­ten: „Fuß­ball ist Fuß­ball, und Poli­tik bleibt Poli­tik“, schnarch.

Für die Zukunft bleibt abzu­war­ten, inwie­weit die angeb­li­che Auf­lö­sung in der Rea­li­tät wirk­lich von Bedeu­tung ist. Etli­che Stan­darte-Mit­glie­der sind schon seit Jah­ren haupt­säch­lich als „loser Zusam­men­hang“ unter­wegs, zuletzt bei den bun­des­wei­ten HoGeSa-Akti­vi­tä­ten in Köln und Han­no­ver. Auch ohne gemein­sa­mes Grup­pen­la­bel wer­den regio­nale Nazi­hools ihre Akti­vi­tä­ten nicht plötz­lich ein­stel­len, wir wer­den des­halb aller Vor­aus­sicht nach auch in Zukunft über diese Kreise berichten.

Für alle ande­ren bie­tet sich Anfang 2015 viel­leicht eine Chance: wer in Zukunft nicht wie­der und wie­der öffent­lich als Nazi­hoo­li­gan benannt wer­den möchte, sollte even­tu­ell auf­hö­ren, sich an Nazi­hoo­li­gan-Akti­vi­tä­ten zu betei­li­gen oder mit sol­chen Leu­ten freund­schaft­lich abzu­hän­gen (Kon­takt). Bereits 2002 ver­öf­fent­lich­ten Bre­mer Anti­fas eine Stel­lung­nahme zum Thema, an deren Aus­sage auch 12 Jahre spä­ter kaum etwas zu ändern wäre.

Siehe auch: Rechte Hoo­li­gans knei­fen (taz)