„Pha­lanx 18“ – eine kurze Geschichte

Ab Som­mer 2019 sorgte im Bre­mer Stadt­ge­biet eine rechte Män­ner­cli­que für Unruhe, die bis zum Ende des Jah­res anhal­ten sollte. Auf­fäl­lig wurde die Gruppe von bis zu zehn Per­so­nen anfangs durch Her­um­lun­gern und Pöbe­leien zwi­schen Vier­tel und Schlachte. Nach einem Streit am Par­ty­schiff „Treue“ bedroh­ten sie  anwe­sende Gäste, ver­such­ten das Schiff anzu­grei­fen und stei­ger­ten so ihren Aktionismus. 

Mit Hitlergruß im Viertel: Nicolai Salander (gelbe Jacke)

Mit Hit­ler­gruß im Vier­tel: Nico­lai Sal­an­der (gelbe Jacke)

In der Fol­ge­zeit kam es zu wei­te­ren Pro­vo­ka­tio­nen und Über­grif­fen. Einer der Prot­ago­nis­ten zeigte z.B. nahe der Siel­wall­kreu­zung den Hit­ler­gruß, bei ande­rer Gele­gen­heit pöbel­ten Teile der Gruppe Leute beim Pla­ka­tie­ren an.

Etwa zur glei­chen Zeit wurde ein von einer Gruppe „Pha­lanx 18“ geplan­ter Lie­der­abend öffent­lich: am 9. Novem­ber soll­ten die Nazi-Lie­der­ma­cher „Her­mun­du­ren“ und „Zeit­nah“ „im Her­zen von Bre­men“ auftreten.

Flyer zum geplanten Liederabend am 9. November 2019

Flyer zum geplan­ten Lie­der­abend am 9. Novem­ber 2019

Am 5. Okto­ber 2019 kam es dann zur bis dahin größ­ten Kon­fron­ta­tion, als die Gruppe sich abends im Vier­tel sam­melte um dort „Prä­senz zu zei­gen“. Nach­dem sie aus einer Kneipe geflo­gen waren, posier­ten sie für ein Macker-Grup­pen­foto und zogen anschlie­ßend wei­ter Rich­tung Oster­tor. Hier grif­fen sie nahe der Siel­wall­kreu­zung zwei ver­meint­li­che Linke an, Michael Oster­loh trat einen davon am Boden lie­gend gegen den Kopf.

Screenshot aus der "Phalanx" Telegram-Gruppe: Administrator Michael Osterloh hocherfreut nach Angriff auf vermeintliche Linke

Screen­shot aus der „Pha­lanx“ Tele­gram-Gruppe: Admi­nis­tra­tor Michael Oster­loh hoch­er­freut nach Angriff auf ver­meint­li­che Linke

Die Gruppe ging danach wei­ter in Rich­tung Schlachte und lan­dete schließ­lich im „Kan­ga­roo Island“. Dort kam es wenig spä­ter zu einem wei­te­ren Vor­fall, als etli­che Ver­mummte den Cock­tail trin­ken­den Nazis auf die Pelle rück­ten, diese jedoch blitz­ar­tig das Weite such­ten und mehr oder weni­ger unge­scho­ren davon kamen. All dies führte zu einem grö­ße­ren Medi­en­echo in den dar­auf fol­gen­den Tagen.

Um wei­te­rem anti­fa­schis­ti­schen und poli­zei­li­chen Ärger aus dem Weg zu gehen ver­kün­dete der rechte Scheiß­hau­fen keine Woche spä­ter seine Selbst­auf­lö­sung. Das am geschichts­träch­ti­gen 9. Novem­ber geplante Kon­zert wurde abge­sagt und spä­ter auch poli­zei­lich ver­bo­ten. Am 15. Novem­ber schließ­lich wurde „Pha­lanx 18“ durch den Bre­mer Innen­se­na­tor ver­eins­recht­lich ver­bo­ten, im Zuge des­sen wur­den fünf Woh­nun­gen in Bre­men und Nie­der­sach­sen durchsucht.

Jetzt im Rück­blick zeigt sich deut­lich, was „Pha­lanx 18“ war und was es letzt­end­lich wurde: Maß­geb­lich auf­ge­baut und ange­führt wurde die Gruppe von den Nazis Michael Oster­loh, Nico­lai Sal­an­der und And­ree Gliege. Sie schar­ten einen Kreis von bis zu zehn erleb­nis­ori­en­tier­ten, teil­weise rechts­of­fe­nen Män­nern um sich. Eini­gen davon war die poli­ti­sche Dimen­sion der Akti­vi­tä­ten aber wohl nicht ganz bewusst, meh­rere Betei­ligte haben sich mitt­ler­weile deut­lich von den dreien distan­ziert, die Gruppe hat sich zer­schla­gen. Aller­dings wol­len die trei­ben­den Kräfte (Oster­loh, Sal­an­der, Gliege) auch ab 2020 „wie auch immer“ weitermachen.

An der Ent­wick­lung des „Pha­lanx 18“-Kreises lässt sich gut able­sen, wie schnell und leicht sich eine aktive Cli­que aus ambi­tio­nier­ten Nazis und erleb­nis­ori­en­tier­ten Män­nern zusam­men­tut, aber auch, wie schnell diese bei anti­fa­schis­ti­scher Gegen­wehr wie­der aus­ein­an­der fliegt. Schnelle und kon­se­quente Antifa-Recher­chen und ‑Aktio­nen, lokale Bericht­erstat­tung und dar­auf fol­gende behörd­li­che Maß­nah­men haben der Gruppe Gren­zen und Kon­se­quen­zen ihres Han­delns auf­ge­zeigt – „Pha­lanx“ war Geschichte.

Der harte Kern der Gruppe wird zwar ver­mut­lich auch in Zukunft wie­der mit Nazi­scheiße auf­fal­len, eine rechte Poli­ti­sie­rung der Mit­läu­fer hat – erfreu­li­cher­weise – in die­sem Fall aber nicht statt­ge­fun­den. Sie wer­den das nächste Mal wohl bes­ser auf­pas­sen, mit wem sie sich einlassen.

Im Hirn phalanxamt: Andree Gliege, Michael Osterloh, Nicolai Salander (v.l.n.r.)

Im Hirn pha­lanx­amt: And­ree Gliege, Michael Oster­loh, Nico­lai Sal­an­der (v.l.n.r.)

Rück­bli­ckend hat sich bei „Pha­lanx 18“ damit ein wei­te­res Mal gezeigt, wie wich­tig es ist, Nazis schnell etwas ent­ge­gen zu set­zen und sich gar nicht erst mit ihrer Anwe­sen­heit zu arran­gie­ren! Im Bre­mer Raum hat­ten in den letz­ten Jah­ren bereits einige rechts­extreme Grup­pie­run­gen wie GSD, IB oder Die Rechte ver­sucht sich zu eta­blie­ren. All die­sen wurde viel­fäl­ti­ger, kon­se­quen­ter anti­fa­schis­ti­scher Wider­stand ent­ge­gen­ge­setzt, so dass sie aktu­ell ent­we­der nicht mehr exis­tent oder bedeu­tungs­los sind.

Ein Nach­satz: Dass in die­sem Fall auch staat­li­che Behör­den gegen „Pha­lanx 18“ aktiv wur­den, soll nicht dar­über hin­weg täu­schen, dass sich staat­li­che Maß­nah­men sehr oft gegen Antifaschist*innen rich­ten. Im Dezem­ber 2019 gab es z.B. meh­rere Haus­durch­su­chun­gen gegen ver­meint­lich Betei­ligte des Vor­falls an der Schlachte am 5. Okto­ber (siehe oben). Alle Betrof­fe­nen ver­die­nen unsere soli­da­ri­sche Unterstützung!

Michael Osterloh

Michael Oster­loh

Michael Oster­loh (geb. 1976) ist der Bru­der des Bre­mer Nazis Oli­ver Oster­loh, der seit vie­len Jah­ren zunächst bei der NPD und zuletzt bei der Iden­ti­tä­ren Bewe­gung (IB) aktiv war. Erst­mals auf­fäl­lig wurde Michael Oster­loh bei einem Nazi­auf­marsch in Bre­men-Vege­sack 2001, seit­dem tritt er immer mal wie­der in ein­schlä­gi­gen Zusam­men­hän­gen in Erschei­nung: Im März 2009 als Teil der Schutz­truppe für den Nazi-Laden „Sports­freund“ in der Fau­len­straße, oder im Sep­tem­ber 2015 beim „Tag der Patrio­ten“ in Bre­men. Auch Michael O. bewegt sich im Dunst­kreis der Iden­ti­tä­ren Bewe­gung und hat engere Kon­takte zur Bre­mer AfD. Er ist ein über­zeug­ter und gewalt­be­rei­ter Nazi.

Beim "Tag der Patrioten" 2015 in Bremen: Alexander Greinke, Lennert Steltner und Michael Osterloh (v.l.n.r.)

Beim „Tag der Patrio­ten“ 2015 in Bre­men: Alex­an­der Greinke, Len­nert Stelt­ner und Michael Oster­loh (v.l.n.r.)

Nicolai Salander

Nico­lai Salander

Der Bre­mer Nico­lai Sal­an­der kommt aus dem Umfeld der Bre­mer Ultra-Szene, stieß dort wegen sei­ner rech­ten Gesin­nung aller­dings auf Ableh­nung. Er war eine der trei­ben­den Kräfte bei den Aktio­nen und Über­grif­fen von „Pha­lanx 18“ und träumt wei­ter­hin davon, eine neue „schlag­kräf­tige Truppe“ aufzubauen.

Andree Gliege

And­ree Gliege

And­ree Gliege kommt ursprüng­lich aus Schortau in Sach­sen-Anhalt und wohnt jetzt in der Bre­mer Neu­stadt. Dadurch, dass er bei Sal­an­der zwar gemel­det ist, dort aber gar nicht wohnt, kam er bei den Haus­durch­su­chun­gen unbe­hel­ligt davon. Neben Oster­loh und Sal­an­der gehörte er zu den Aktiv­pos­ten bei „Pha­lanx 18“ und war an fast allen ihrer Aktio­nen beteiligt.

Siehe auch:
Wahl­kampf mit mili­tan­ten Neo­na­zis (AfD-Watch Bremen)
Rechte schla­gen in Bre­men zu (taz Bremen)
Schlag gegen „Pha­lanx 18“ (blick nach rechts)
Mäu­rer ver­bie­tet rech­ten Ver­ein „Pha­lanx 18“ (Weser-Kurier)