→ Update 09.03.2020: Mohrmann ist mit seinen Kursen aus dem Jugendzentrum in Oberneuland raus geflogen.
Seit mehreren Jahren steigt die Beliebtheit von sogenannten „Vollkontakt“-Kampfsportarten wie Muay Thai, Mixed Martial Arts (MMA) oder dem klassischen Boxen, die Athlet*innen kommen aus allen gesellschaftlichen Schichten. Auch in der extremen Rechten ist seit längerem eine größere Professionalisierung von Kampfsport, Kampfsport-Events und eine damit einhergehende Vernetzung zu beobachten. Diese zeigt sich deutschland- und europaweit in der Zunahme derartiger Veranstaltungen. Teilweise liegt der Schwerpunkt dieser Events auf dem Kampfsport allein, teilweise werden sie mit Konzerten rechter Bands und thematisch passenden Inhalten garniert.
Der Bereich Kampfsport hat sich damit innerhalb weniger Jahre zu einem festen Bestandteil rechter Erlebnis- und Lebenswelten entwickelt. Aus Sicht der aktiven Rechtsextremen erscheint es verlockend, gewalt-affine Milieus und Subkulturen (wie z.B. Hooligangruppen) fester an ihre Strukturen zu binden. Ebenso wirken sowohl die Aussicht auf Anerkennung und Einfluss in der eigenen Szene als auch die Durchsetzung ideologischer Ziele durch körperliche Gewalt äußerst attraktiv. Nicht zuletzt geht es natürlich um Geld und Geschäfte.
Auch in der Bremer Region zeigen sich die Auswirkungen dieses Trends in den Aktivitäten und Vernetzungen der extremen Rechten. In diesem Text wollen wir diese Entwicklungen beleuchten und die regional aktiven Personen benennen.
„Nordic Fightclub Bremen“
Eine zentrales Label für die regionale rechte Kampfsportszene ist der „Nordic Fightclub Bremen“. In dieser Gruppierung versammeln sich seit einigen Jahren Nazihooligans, Türsteher und politisch aktive Rechtsextreme und treten als Kämpfer bei Nazikampfsportturnieren wie dem „Kampf der Nibelungen“ an.
Wichtiger Teil der Infrastruktur des „Nordic Fightclub Bremen“ ist das „Chang Tong Gym“ in der Gemeinde Prinzhöfte südlich von Delmenhorst, das von Danny Gierden geführt wird. In einem umgebauten Stall bietet er nach eigenen Angaben Muay Thai, Kickboxen, MMA und funktionales Krafttraining an.
Schon seit mehreren Jahren trainieren im Chang Tong unter Gierdens Anleitung nicht nur Kampfsport-begeisterte Menschen aus rein sportlichen Gründen, auch Nazihooligans aus der Region haben hier einen Raum gefunden, in dem sie mit ihrer Ideologie nicht nur geduldet und hofiert, sondern auch sportlich gefördert werden.
So ist beispielsweise Felix Stolte (zuletzt als rechter Hooligan bei den Resten von „Nordsturm Brema“ unter dem Label „Original Bremen Hooligans“ unterwegs) seit Jahren an der Seite von Danny Gierden auf seiner Matte anzutreffen. Durch die Freundschaft zu Stolte scheint Inhaber Gierden beste Kontakte zu „Nordsturm Brema“-Mitgliedern geknüpft zu haben. („NSHB“ wurde 2006 gegründet und löste sich, um staatliche Repression zu umgehen, 2015 offiziell auf. Da der dahinter stehende Personen- und Freundeskreis aber weiterhin existiert und aktiv ist, behalten wir die Betitelung „Nordsturm Brema“ bei.) So ist nicht weiter überraschend, dass Nazihools wie Stolte oder Christoph Mohrmann (siehe unten) für das Chang Tong Gym bei der „Shuri Fight Night“ des nach Rechts offenen „Shuri Gyms“ im sächsischen Plauen kämpften.
Seit ein paar Jahren nimmt Gierden auch selbst mit Freude und ohne jegliche Berührungsängste an verabredeten „Feld, Wald und Wiese“-Schlägereien mit Essener und Bremer (Nazi-)Hooligans teil, siehe unten stehendes Foto.
Ein anderer wichtiger Ort für die oben erwähnten Kreise ist das Sportstudio Stresemannstraße, eine Muckibude alter Schule, in der aber auch Kampfsport unterrichtet wird. Hier sind beim Thai-Boxen oder beim Krav Maga Kämpfer des „Nordic Fightclub“ anzutreffen bzw. bieten es dort selbst an: Christoph Mohrmann nutzt die Räumlichkeiten für sein „Krav Maga Athletics Bremen“ (siehe unten).
Im Zentrum des „Nordic Fightclub Bremen“ stehen die folgenden Personen:
Dennis „Dolly“ Dollberg ist ein bekannter Bremer Nazihooligan und dem „NSHB“ zuzurechnen. Als Leiter des „Nordic Fightclub Bremen“ nimmt er regelmäßig an Kampfsportevents wie dem „Kampf der Nibelungen“ und dem „Tiwaz“ teil, die von bundesweit bekannten Nazis organisiert werden (weitere Infos: Tiwaz 2018 bzw. Tiwaz 2019).
Christian Steiner wollte beim im Herbst 2019 geplanten „Kampf der Nibelungen“ für den „Nordic Fightclub“ kämpfen, das Event in Ostritz fand schlussendlich aber nicht statt. Steiner war jahrelang in der Thüringer Naziszene aktiv und spielte in der rechten Skinheadband „Die JungZ“ aus Saalfeld. Seit einiger Zeit hält sich Steiner nun im Bremer Raum auf und arbeitet u.a. für Mohrmanns Firma „CM-Security“.
Andre Bostelmann (siehe Foto oben) aus Tostedt kämpfte im Juni 2019 beim „Tiwaz“ und wurde dabei von Dennis Dollberg und Christian Steiner begleitet und betreut (ausführlicher Bericht dazu). Er ist seit Jahren in der norddeutschen Naziszene aktiv und nahm z.B. am „Trauermarsch“ im August 2009 in Bad Nenndorf teil. Im März 2012 fand auf seinem Hof in Wistedt ein Konzert der Bremer Hooliganband „Kategorie C – Hungrige Wölfe“ statt. Er beteiligte sich als Mitglied der mittlerweile verbotenen „Weiße Wölfe Terrorcrew“ an mehreren Angriffsversuchen gegen Linke in Tostedt. Bostelmann trainiert seit etlichen Jahren im Kickbox-Team des Todtglüsinger SV, zuletzt gerne in Klamotten vom „Kampf der Nibelungen“.
Christoph Mohrmann kann auf eine langjährige Geschichte in der Bremer Nazihoolszene zurückblicken, immer irgendwo zwischen Fußball, Hooligangruppen, Kampfsport und Securityfirmen. Auch er war Mitglied beim „NSHB“ trat zeitweise als Kontaktperson für die rechte Hooliganmarke „SF-Extremsport“ (Sport Frei) in Erscheinung. Mittlerweile ist Mohrmann im Umfeld des Hells Angels Charters „West-Side“ anzutreffen. Er betreibt außerdem die Securityfirma „CM-Security“ in Delmenhorst und bietet unter dem Namen „Krav Maga Athletics Bremen“ Kurse in der von der israelischen Armee entwickelten Selbstverteidigungstechnik an. Diese Kurse werden im oben genannten Fitnessstudio Stresemannstr. in Bremen angeboten. Ein Jugendzentrum in Bremen-Oberneuland hat Mohrmann nach bekannt werden seiner Aktivitäten und Gesinnung raus geschmissen.
Mohrmann versinnbildlicht par excellence die Lebenswelten gewaltgeiler rechter Männer. Er bewegt sich privat wie auch geschäftlich zwischen rechten Hooligans, der Kampfsportszene, lokalen Rockergruppen und dem Securitygewerbe. Seine Mitarbeiter findet er in genau diesem Milieu.
Regelmäßig an Mohrmanns Seite ist Jörn Grams, der sich im gleichen Umfeld wie sein Freund und Chef bewegt. Grams gehört zum Kreis rechter Bremer Hooligans und arbeitet sowohl bei CM-Security, als auch als Trainer bei „Krav Maga Atheltics Bremen“. Als es 2015 nach einem Werderspiel zu versuchten Übergriffen von Nazihooligans auf linke Ultras kam, war Grams gemeinsam mit den Ostendorf-Brüdern und Felix Stolte unterwegs.
Auch Lars aus Mönchengladbach ist Teil des „Nordic Fightclub Bremen“, er entspringt der rechts-offnenen Hooligangruppe „Frontline Mönchengladbach“ und ist „Full Member“ bei den Hells Angels Krefeld. Genau wie Grams arbeitet er für Mohrmanns Securityfirma.
Dass Bremer Nazihooligans bei Kampfsportevents wie dem „Kampf der Nibelungen“ teilnehmen, überrascht nicht. Mit Henrik Ostendorf verfügt die Bremer Naziszene über einen Aktivisten, der bereits seit mehreren Jahrzehnten sowohl in der rechtsextremen Politik- und Hooliganszene aktiv ist und dementsprechend über ein Netzwerk von Kontakten verfügt. Er reiste schon vor etlichen Jahren nach Moskau und besuchte die Nazihooligans von CSKA Moskau. Im Nachgang zeigte er sich zutiefst begeistert von der Disziplin und den Trainingsmöglichkeiten der russischen Kameraden. Ostendorf gehört von Anfang an zum engeren Organisationskreis des „Kampf der Nibelungen“, zusammen mit Malte Redeker (Hammerskin-Chef aus Ludwigshafen) und Alexander Deptolla („Die Rechte“ Dortmund). Jüngere Nazihools wie Dollberg und seine Mannen profitieren massiv von Ostendorfs Kontakten und seiner Reputation.
Fazit
Die in der Einleitung dargestellte gestiegene Bedeutung von Kampfsport für die europäische und deutsche Naziszene zeigt sich mittlerweile auch in Bremen und Umzu immer deutlicher. Dass Nazis und rechte Hooligans eine Affinität zur Gewalt und auch zum Kampfsport haben, ist natürlich keine Neuigkeit. Schon im Nationalsozialismus sollten junge Männer durch „sportliche Ertüchtigung“ zu soldatischen und mutigen Kämpfern erzogen werden. Insbesondere dem Jiu-Jitsu und dem Boxen wurde durch die Nazis eine wichtige Bedeutung beim Erreichen dieser Ziele zugesprochen (weitere Infos dazu hier).
Heutzutage bieten Kampfsport-Veranstaltungen einen Rahmen, in dem rechte Ideologie an ein erlebnisorientiertes Publikum gebracht werden kann. Solche Events sind deshalb ein wichtiger Faktor für die gesamte Szene. Sie schaffen einerseits einen Raum für Austausch und Absprachen unter Gleichgesinnten. Andererseits bieten sie eine Mischung aus Action, Männlichkeit und Körperkult und sind somit eine attraktive Abwechslung zu Aktivitäten wie Rechtsrock-Konzerten, Aufmärschen oder Saufen. Mit den Möglichkeiten, die Mohrmann, Dollberg und Co. durch die Nutzung von Gyms wie dem „Chang Tong“ gegeben sind, können sie ihren Hang zu Gewalt ohne Störungen von außen professionalisieren. Gezielte Übergriffe von Nazis und rechten Hooligans auf Linke oder antifaschistische Werderfans belegen die von diesen Kreisen ausgehende Gefahr seit Jahren immer wieder deutlich.
Auf den Umstand, dass jemand wie Danny Gierden selbst Teil dieser rechten Erlebniswelt ist, gehört also mit Nachdruck hingewiesen! Gerade weil sich das Chang Tong Gym in der Öffentlichkeit als freundliche „interkulturelle“ Trainingsstätte präsentiert und dieses Selbstbild auch von der Lokalpresse weiterverbreitet wird. Insofern verwundert es nicht, dass hier beispielsweise die Fußballer vom SV Atlas Delmenhorst beim Krafttraining anzutreffen sind. Oder dass regelmäßig Jugendliche aus der Umgebung vom netten Danny an den Kampfsport heran geführt werden, während zehn Meter weiter regionale Nazis dafür trainieren, wie sie Menschen, die nicht in ihr Weltbild passen, effektiv ins Krankenhaus boxen können.
Darüber hinaus füllt der Verkauf extrem rechter Sport- und Kleidungsmarken die Geldbeutel von einigen Nazis. Kampfsport-Schulen und ‑Lehrgänge füllen die Taschen von anderen.
Dass sich in der Szene ordentlich Geld mit Labeln und Merchandise verdienen lässt, zeigt das Beispiel Hannes Ostendorf, der sich mit schlechter Musik und schäbigen Klamotten (Kategorie C) ein ganz passables Leben im Eigenheim (natürlich Barzahlung!) am Bremer Stadtrand finanzieren kann.
Auch Dennis Dollberg versucht sich im braunen Modesumpf: er trägt bei jeder sich bietenden Gelegenheit Klamotten der Nazimarke „Walhall Athletik“. Der Verdacht liegt mehr als nahe, dass er an der Marke beteiligt ist, auch wenn im Impressum der Webseite von „Walhall Athletik“ ein gewisser Stephan Allers mit Bremer Anschrift genannt wird.
Wie gezeigt wurde, existiert (wie in anderen Städten auch) in Bremen und Umzu eine Mischszene aus Nazihooligans, Rocker und Rotlichtmilieu, die eine Faszination für Gewalt und Kampfsport teilt. Geschäfte, eine rechte Weltanschauung und Freundschaften halten diese Szene zusammen. Um es nochmal deutlich zu machen: Niemand ist gezwungen, mit oder bei Nazis und rechten Mackern zu trainieren, mit ihnen zusammenzuarbeiten oder mit ihnen Freundschaften zu pflegen!
Kein Raum für Nazis – weder auf der Matte noch sonst wo!
Für Informationen zu den abgebildeten Personen und ihren Aktivitäten sind wir wie immer dankbar! Auch wer meint, sich selber zu Unrecht hier veröffentlicht zu sehen, kann sich gerne bei uns melden: Kontakt.
Weitere Infos zu Nazis in der Kampfsportszene: Runter von der Matte!