März 2013, Kirchweyhe. Am 10. März wird ein junger Mann aus Weyhe nach einem Streit mit anderen Jugendlichen auf dem Bahnhofsvorplatz Kirchweyhe so schwer verletzt, dass er später im Krankenhaus stirbt. Die brutale Tat schlägt nicht nur in der Gemeinde hohe Wellen, sondern auch in verschiedenen sozialen Netzwerken. Hier nehmen vor allem Nazis und rechte Gruppierungen die „nicht-deutsche“ Herkunft des Haupt-Tatverdächtigen als Anlass für rassistische Hetze.
Besonders hervor tut sich dabei zu Beginn Frank Günther (siehe unten), die Nazikrake aus Groß Ippener meldet auch gleich für den 16. März einen Aufmarsch in Weyhe an. Dieser wird durch die Behörden jedoch untersagt. Auch die Eltern des Verstorbenen distanzieren sich von derartigem Nazi-Gedenken und wenden sich gegen die rechte Instrumentalisierung ihres Sohnes.
Am besagten Samstag findet auf dem Kirchweyher Bahnhofsvorplatz dann eine Gedenkkundgebung statt, die weitestgehend von Menschen aus dem bürgerlichen antifaschistischen Spektrum besucht wird. Etliche Nazis hatten im Vorfeld, vor allem auf Facebook, dazu aufgerufen, sich aufgrund des Verbots ihrer eigenen Veranstaltung an dieser Kundgebung zu beteiligen und sie als Bühne für die eigene Propaganda zu nutzen. Aufgrund von Absperrungen und Vorkontrollen durch die Polizei gelingt dies lediglich einigen Einzelnen (beispielsweise dem Identitären Christian Wagner und einem persönlichen Kameradeppen).
Von der Polizei abgewiesen wird währenddessen eine ca. 20-köpfige Gruppe, die sich sowohl aus regionalem Rotlicht-Volk und Nazihooligans (wie Stefan Ahrlich) als auch aus altbekannten Naziaktivisten aus dem Bremer Umland zusammensetzt (erwähnenswert hier z. B. Jens Dierks und Jens Bischoff).
Später am Tag marschieren mehrere Dutzend organisierter Nazis noch „spontan“ durch Verden, darunter viele Mitglieder der verbotenen Gruppierung „Besseres Hannover“. Die zahlreich anwesenden Polizeikräfte behelligen die Gruppe nicht weiter.
Auch in den folgenden Tagen versuchen Nazis weiterhin, aus dem Vorfall politisch Kapital zu schlagen und rassistische Stimmung zu machen. Besonders die NPD bemüht sich an das Thema anzuknüpfen, so legt der niedersächsische NPD-Vorsitzende Ulrich Eigenfeld in Begleitung von Mitgliedern des Landesvorstands am 18. März einen Kranz am Bahnhof ab.
INFO: FRANK GÜNTHER
Frank „Franky“ Günther aus Groß Ippener bei Delmenhorst gehört zu den klassischen Naziglatzen. Nicht übermäßig helle, gibt der Selbstdarsteller sich dafür gerne sportlich/kämpferisch. Günther ist nun seit mehr als 10 Jahren im Nazisumpf unterwegs, engere Kameradschaft hielt er mit dem Ex-Harpstedter Mario Müller, mit dem er auch im November 2006 in Bremen-Walle mitmarschierte. Seit einiger Zeit biedert er sich besonders bei „KC“ und deren Sänger Hannes Ostendorf an.
INFO: JENS BISCHOFF
Jens Bischoff aus Bruchhausen-Vilsen ist seit über 20 Jahren in Nazi-Strukturen aktiv. Er begann als junge Naziglatze im Syker Raum und bemühte sich Anfang der 1990er Jahre, in die – damals noch legale – „Nationalistische Front“ (NF) aufgenommen zu werden. Zum Ende des Jahrzehnts fungierte er dann als Kameradschaftsführer der „Freien Nationalisten Weyhe“, mit denen und ihrem Bremer Pendant „Freie Nationalisten Bremen“ er an unzähligen Aufmärschen und Konzerten teilnahm. Außerdem galt Bischoff bis zum Verbot im Jahr 2000 als einer der führenden Figuren der Blood&Honour-Sektion Weser-Ems.
In den letzten Jahren zog er sich aus dem öffentlichen Nazigeschäft eher zurück, ist aber im gesamten Nazinetzwerk weiterhin aktiv.
INFO: JENS DIERKS
Der 33-jährige Elektriker Jens Dierks begann seine politische „Karriere“ Ende der 90er als Nazischreihals beim „Nationalen Widerstand Stuhr“ unter der „fachmännischen“ Führung von Robert Warneke. Dierks arbeitete auch eng mit den „Freien Nationalisten Bremen“ zusammen und zählt seit einigen Jahren zur „Endstufe-Crew Niedersachsen“, er ist nach wie vor in der Naziszene südlich von Bremen aktiv.
Siehe auch:
Pressespiegel von „end of road“
Fotos: Nazi-Aufmarsch am 23. März 2013 in Kirchweyhe