Am Sonntag den 26. Mai finden mal wieder Wahlen statt: im gesamten Bundesland Bremen die Bürgerschaftswahlen und in Bremen-Stadt zusätzlich die Beiratswahlen. In Bremerhaven wird außerdem die dortige Stadtverordnetenversammlung neu gewählt.
Am gleichen Tag werden in Deutschland, genau wie in allen anderen EU-Staaten, die Wahlen zum Europaparlament durchgeführt. Hierbei ist zwar ein deutlicher Rechtsruck zu befürchten, da aber kein*e Kandidat*in aus dem Bremer Raum kommt, konzentrieren wir uns in diesem Text auf die Wahlen in unserem Bundesland.
Am rechten Rand treten an: Die „Alternative für Deutschland“ (AfD), die „Bürger in Wut“ (BIW), „Die Rechte“ und die NPD. Realistische Chancen auf den Einzug in Bürgerschaft, Stadtverordnetenversammlung und/oder Beiräte haben nüchtern betrachtet zwar allenfalls AfD und BIW, trotzdem soll auf sämtliche Parteien und Kandidat*innen kurz näher eingegangen werden.
Die „Alternative für Deutschland“
Die AfD tritt mit insg. 18 Personen auf ihrer Landesliste an, ganz vorne präsentiert sich dabei Frank „Dr. Kantholz“ Magnitz. Dem AfD-Bundestagsabgeordneten und guten Freund von Vollnazi Björn Höcke war es durch ein geschicktes Gemisch aus politischen Manövern und plumper Manipulation gelungen, seine sämtlichen Getreuen (inkl. Töchter Ann-Kathrin und Laura) im Vorfeld auf entsprechenden Listenplätzen zu positionieren. Partei-interne Skeptiker und Gegner seines politischen und machtpolitischen Kurses wurden entweder vergrault oder abgesägt, etliche Rechtsstreitigkeiten und Schlammschlachten zur Folge. So trat beispielsweise der TV-Journalist Hinrich Lührssen nach medienwirksamem Eintritt in die AfD nach kurzer Zeit medienwirksam wieder aus (er beglückt nun die Bremer BIW mit seiner Präsenz und hat sich dort Listenplatz 1 zusichern lassen).
Eigenen Aussagen zufolge möchte sich die AfD im Wahlkampf auf solche Stadtteile konzentrieren, die nicht bereits an links-grün Versiffte und ihre Freund*innen verloren sind. Trotzdem tourten sie schon mit einem Wahlkampfmobil in Schrittgeschwindigkeit durchs Bremer Viertel, immer in der Hoffnung auf Eskalation und der anschließenden Möglichkeit des öffentlichen rechtspolitischen Heulkrampfes (Magnitz-Kantholz-Syndrom).
Die „Bürger in Wut“
Ihr bereits erwähnter Spitzenkandidat Hinrich Lührssen, vor kurzem noch beleidigt aus der AfD ausgetreten, macht nun zusammen mit Jan Timke die Rampensau für BIW. Sein von Vorurteilen geprägtes Weltbild musste er also kaum neu justieren, stattdessen hat er weiterhin beste Aussichten auf sein ursprünglich anvisiertes Ziel: einen gut bezahlten Posten als Parlamentarier auf den billigen Plätzen.
Neben einer von Skandalen und Magnitz-familiären Machtspielchen gefrusteten AfD versuchen sich BIW-Kandidat*innen als seriöse Rechtskonservative zu präsentieren, die noch nicht gänzlich auf den Kopf gefallen sind.
„Die Rechte“
Die Neonazipartei „Die Rechte“ startete 2018 mit reichlich Radau in die Zulassung zur Bürgerschaftswahl. Bremerhavener Initiativen gegen Rassismus, Antifaschistische Handarbeit, Arbeitgeber und nicht zuletzt eigene Dummheit hatten den Aktivitäten der Naziclique um Alexander von Malek zuletzt jedoch einigen Wind aus den Segeln genommen. Trotzdem fanden in Bremerhaven bereits einige Flyer-Aktionen anlässlich der Wahlen statt. Inwieweit der braune Haufen in den nächsten Wochen noch aktiver wird, bleibt abzuwarten.
Die NPD
Dass Totgesagte mitunter noch eine beachtliche Lebenszeit aufs Parkett legen können, untermauert wieder einmal Horst Görmann mit seiner NPD. Er ist allerdings auch ihr einziger Kandidat und tritt nur für die Wahl zur Bremerhavener Stadtverordnetenversammlung an. Nach der Fusion mit der dort traditionell starken DVU im Jahr 2011 (der sog. „Deutschlandpakt“) ein wirklich überschaubarer Rest von deutsch-nationaler Hetze der jahrelang immer gleichen Naziclique.
Liste aller Kandidat*innen der oben erwähnten Parteien
AfD
Landesliste Wahlbereich Bremen:
- Frank Magnitz, Burglesum, 1952, Kaufmann
- Uwe Felgenträger, Gröpelingen, 1966, Werkstattleiter
- Peter Beck, Huchting, 1966, Polizeibeamter a.D.
- Mark Runge, Blumenthal, 1982, Kaufmann
- Ann-Katrin Magnitz, Gröpelingen, 1993, Studentin
- Heinrich Löhmann, Hemelingen, 1961, Unternehmensberater
- Sven Schellenberg, Blumenthal, 1967, Kaufmann
- Sergej Minich, Osterholz, 1987, Ingenieur
- Harald Rühl, Burglesum, 1956, Schuldnerberater
- Natascha Runge, Blumenthal, 1990, Angestellte
- Gerald Höns, Walle, 1953, Elektromeister
- Wolfgang Rabe, Hemelingen, 1948, Rentner
- Silke Jünemann, Borgfeld, 1971, Personalreferentin
Landesliste Wahlbereich Bremerhaven:
- Thomas Jürgewitz, Lehe, 1959, Dipl.-Verwaltungswirt
- Natalia Bodenhagen, Lehe, 1973, Lehrerin
- Sven Lichtenfeld, Leherheide, 1974, Hafenarbeiter
- Pascal Hiller, Geestemünde, 1981, Diplom-Kaufmann
- Wolfgang Koch, Lehe, 1949, Unternehmensberater
Stadtverordnetenversammlung Bremerhaven:
- Thomas Jürgewitz, Lehe, 1959, Dipl.-Verwaltungswirt
- Natalia Bodenhagen, Lehe, 1973, Lehrerin
- Pascal Hiller, Geestemünde, 1981, Diplom-Kaufmann
- Wolfgang Koch, Lehe, 1949, Unternehmensberater
- Sven Lichtenfeld, Leherheide, 1974, Hafenarbeiter
- Michael Langner, Geestemünde, 1951, Hauptbootsmann a.D.
- Daniel Berndt, Geestemünde, 1988, Student
- Birgit Heinsohn, Lehe, 1956, Speditionskauffrau
- Jens Kupke, Lehe, 1967, Ingenieur
- Peter Boßmann, Lehe, 1958, Rentner
- Frank Haase, Geestemünde, 1968, Isolierfacharbeiter
- Ilka Archer, Surheide, 1942, Immobilienmaklerin
- Romuald-Peter Waniek, Geestemünde, 1955, Netzmacher
Beirat Blumenthal:
- Mark Runge, Rönnebeck, 1982, Kaufmann
- Sven Schellenberg, Farge, 1967, Kaufmann
- Natascha Runge, Rönnebeck, 1990, Angestellte
- Michael Romeike, Rönnebeck, 1959, Kaufmann
Beirat Burglesum:
- Harald Rühl, Burgdamm, 1956, Schuldnerberater
- Kai-Thorsten Buddenbohm, Lesum, 1965, Dipl.-Ingenieur
- Frank Magnitz, St. Magnus, 1952, Kaufmann
Beirat Gröpelingen:
- Stefan Kliesch, Oslebshausen, 1961, Sicherheitskraft
- Ann-Katrin Magnitz, Ohlenhof, 1993, Studentin
- Uwe Felgenträger, Ohlenhof, 1966, Werkstattleiter
Beirat Hemelingen:
- Tobias Link, Hastedt, 1988, IT-Administrator
- Beata Linka, Hemelingen, 1971, Angestellte
- Wolfgang Rabe, Hemelingen, 1948, Rentner
- Heinrich Löhmann, Hemelingen, 1961, Unternehmensberater
- Andreas Jordan, Hastedt, 1952, Angestellter
Beirat Osterholz:
- Sergej Minich, Tenever, 1987, Ingenieur
- Francesco Manno, Ellenerbrok-Schevemoor, 1998, Schüler
- Laura Magnitz, Ellenerbrok-Schevemoor, 1996, Schülerin
Beirat Vegesack:
- Marvin Mergard, Vegesack, 1994, Student
- Torben Säcker, Schönebeck, 1985, Bauunternehmer
Beirat Walle:
- Gerald Höns, Westend, 1953, Elektromeister
- Martin Stock, Westend, 1973, Landschafts- und Gartenbauer
Bürger in Wut
Landesliste Wahlbereich Bremen:
- Hinrich Lührssen, Vegesack, 1958, Journalist
- Piet Leidreiter, Horn-Lehe, 1965, Leitender Angestellter
- Werner Fincke, Horn-Lehe, 1967, Justizvollzugsbeamter
- Heike Boll, Burglesum, 1961, Kaufm. Angestellte
- Klaus Remkes, Mitte, 1955, Goldschmied
- Werner Irmer, Vahr, 1963, Unternehmer
- Andre Minne, Huchting, 1971, Jobcoach
- Henning Meyer, Burglesum, 1956, Angestellter
- Niklas Rabe, Walle, 1993, Steuerfachangestellter
- Andreas Breitzke, Obervieland, 1957, Rentner
- Ulf Nummensen, Obervieland, 1955, Rentner
- Jens Schiermeyer, Obervieland, 1963, Angestellter
- Werner Leidreiter, Horn-Lehe, 1943, Steuerberater
- Viktor Baum, Obervieland, 1963, Selbstst. Versicherungsvermittler
- Ina Fincke, Horn-Lehe, 1972, Physiotherapeutin
- Brigitte Palicki, Vegesack, 1942, Rentner
- Hanna Duncan, Burglesum, 1956, Nachbarschaftshelferin
- Greta Frenzel, Vegesack, 1949, Rentnerin
- Gisela Roos, Gröpelingen, 1946, Rentner
Landesliste Wahlbereich Bremerhaven:
- Jan Timke, Weddewarden, 1971, Polizeibeamter a.D.
- Torsten Groß, Weddewarden, 1971, Polizeioberkommissar a.D.
- Julia Tiedemann, Geestemünde, 1987, Unternehmerin
- Sascha Schuster, Wulsdorf, 1971, Hafenfacharbeiter
- Malte Grotheer, Lehe, 1953, Hausmann
- Bianca Ax, Lehe, 1975, Hausfrau
- Heinrich Grotstück, Lehe, 1948, Rentner
- Ralf Matheja, Geestemünde, 1953, Rentner
- Gerhard Dietrich, Lehe, 1946, Rentner
- Evelin Grotstück, Lehe, 1954, Rentnerin
Stadtverordnetenversammlung Bremerhaven:
- Jan Timke, Weddewarden, 1971, Polizeibeamter a.D.
- Malte Grotheer, Lehe, 1953, Hausmann
- Sascha Schuster, Wulsdorf, 1971, Hafenfacharbeiter
- Julia Tiedemann, Geestemünde, 1987, Unternehmerin
- Torsten Groß, Weddewarden, 1971, Polizeioberkommissar a.D.
- Ralf Matheja, Geestemünde, 1953, Rentner
- Bianca Ax, Lehe, 1975, Hausfrau
- Heinrich Grotstück, Lehe, 1948, Rentner
- Gerhard Dietrich, Lehe, 1946, Rentner
- Evelin Grotstück, Lehe, 1954, Rentnerin
Beirat Borgfeld:
- Marcus Bayer, Borgfeld, 1964, Jurist
Beirat Burglesum:
- Heike Boll,Lesum, 1961, Kaufm. Angestellte
- Henning Meyer, St. Magnus, 1956, Angestellter
- Jens-Rainer Jurgan, Burgdamm, 1965, Kaufmann
- Hanna Duncan, St. Magnus, 1956, Nachbarschaftshelferin
Beirat Gröpelingen:
- Rosemarie Kwidzinski, Gröpelingen, 1957, Steuerfachangestellte
- Gisela Roos, Oslebshausen, 1946, Rentner
Beirat Horn-Lehe:
- Piet Leidreiter, Horn, 1965, Leitender Angestellter
- Werner Fincke, Horn, 1967, Justizvollzugsbeamter
- Werner Leidreiter, Horn, 1943, Steuerberater
- Jan Eckert, Horn, 1990, Angestellter
- Ina Fincke, Horn, 1972, Physiotherapeutin
Beirat Huchting:
- Walter Hamen, Mittelshuchting, 1948, Rentner
- Andre Minne, Kirchhuchting, 1971, Jobcoach
Beirat Mitte:
- Jürgen Sieling, Altstadt, 1966, Dipl.-Ing. Projektsteuerung
- Klaus Remkes, Altstadt, 1955, Politiker
Beirat Obervieland:
- Ulf Nummensen, Habenhausen, 1955, Rentner
- Andreas Breitzke, Arsten, 1957, Rentner
- Jens Schiermeyer, Arsten, 1963, Angestellter
Beirat Vahr:
- Werner Irmer, Gartenstadt Vahr, 1963, Unternehmer
- Eleonora Irmer, Gartenstadt Vahr, 1974, OP-Schwester
- Torsten Schulz, Neue Vahr Südwest, 1964, Einzelhandelskaufmann
- Erich Weigend, Neue Vahr Südost, 1938, Rentner
Beirat Vegesack:
- Günter Kiener, Aumund-Hammersbeck, 1950, Bauingenieur
- Brigitte Palicki, Vegesack, 1942, Rentner
- Greta Frenzel, Vegesack, 1949, Rentnerin
Beirat Walle:
- Niklas Rabe, Walle, 1993, Steuerfachangestellter
Beirat Woltmershausen:
- Nina Schaardt, Woltmershausen, 1980, Betriebswirtin
- Marita Dilly, Woltmershausen, 1968, Bürokraft i.R.
- Miriam Reinker, Rablinghausen, 1978, Küchenhilfe
„Die Rechte“
Landesliste Wahlbereich Bremerhaven (identische Liste zur Stadtverordnetenversammlung Bremerhaven):
- Malek, Alexander von Geestemünde, 1974, LKW-Fahrer
- Björn Bade, Geestemünde, 1979, Lagerist
- Danny Weichert, Lehe, 1994, Lagerist
- Mirko Ohmann, Mitte, 1988, Angestellter
- Paul Leber, Lehe, 1948, Rentner
- Manfred Otten, Lehe, 1969, Maler
- Michaela Grundler, Lehe, 1984, Kauffrau für Bürokommunikation
NPD
Stadtverordnetenversammlung Bremerhaven:
- Horst Günter Görmann, Geestemünde, 1953, Elektriker
Fazit
Von all diesen Gruppierungen und Personen ist bis zum Wahlsonntag mit verstärkten Aktivitäten wie Infoständen, Veranstaltungen, Kundgebungen, Flugblatt-Verteilaktionen und Ähnlichem zu rechnen. Achtet also auf weitere Mobilisierungen und werdet selber aktiv, schützt eure Stadtteile vor rechter Propaganda und organisiert euch. Wenn du Informationen zu rechten Wahlkampf-Aktionen oder den oben genannten Kandidat*innen hast: wir wären sehr interessiert!
Weitere Infos und Kontaktmöglichkeiten:
Bremer Bündnis gegen Rechts (Facebook)
AfD Watch Bremen (auch bei Facebook)
Abschließend ein alter Absatz, der einfach nicht älter werden möchte:
Wenn Wahlen etwas ändern würden...
...wären sie längst verboten. Fast jede*r kennt diesen Satz, er beschreibt die Kritik an der parlamentarischen Demokratie treffend wie kaum ein anderer. Wahr ist aber auch: Wenn Nicht-Wählen etwas ändern würde, wäre es genauso verboten. Was oder wer immer die herrschenden Zustände radikal ablehnt, in Frage stellt oder angreift, kommt über kurz oder lang mit dem Gesetz in Konflikt und mit Repression verschiedenster Art in Kontakt.
Wir halten es deshalb für eher nebensächlich, ob man Wahlen aus Überzeugung grundsätzlich boykottieren sollte, alle x Jahre das kleinste der großen Übel wählt, oder ob man einen Tag wie den 26. Mai 2019 mit Freund*innen am See verbringt. Wenn du etwas verändern willst, musst du es erstens sowieso selber tun, zweitens häufiger als alle paar Jahre und drittens anders als durch das Malen von kleinen Kreuzen auf einem Stück Papier.
Im Alltag heißt das z.B.: mach den Mund auf wenn du rassistischen Schwachfug und Nazi-Sprüche oder anderen Scheiß hörst. Tu dich mit anderen zusammen und unternimm was gegen Nazis und jede Ideologie, die Menschen diskriminiert und abwertet. In Wahlkampfzeiten heißt das außerdem, rassistische Hetze und anderen Dreck nicht zu ignorieren („geht mich ja nichts an“), sondern abzureißen, kaputtzumachen, überzumalen, zu verhindern. Kurz: rechter Ideologie keinen Raum zu lassen sondern sie aktiv zurückzudrängen.