Ton­stu­dio in den Schlagzeilen

August 2003, Schwarme. Das Ton­stu­dio „Art of Sound“ aus Schwarme in der Nähe von Bre­men gerät in die Schlag­zei­len. Meh­rere bekannte Nazi-Bands hat­ten dort ihre Songs auf­ge­nom­men, der Betrei­ber scheint damit wenig Pro­bleme zu haben. 

Siehe auch: CD-Pro­duk­tio­nen, gut rechts aus­ge­steu­ert (taz-Arti­kel)

Arti­kel aus der Zeit­schrift „der rechte Rand“:

In einem Stu­dio in der Nähe von Bre­men spie­len bekannte neo­na­zis­ti­sche Rock-Bands ihre Lie­der ein. Der Betrei­ber macht mit der brau­nen Musik gute Geschäfte. Von Paul Stoever

Wel­ches Ton­stu­dio in der Bun­des­re­pu­blik will schon gröh­lende, aus­län­der­feind­li­che Skin­head­mu­sik abmi­schen? Der angeb­lich aus­ge­stie­gene Rechts­extreme und Düs­sel­dor­fer Unter­neh­mer Thors­ten Lem­mer hatte zwar genü­gend Rechts­rock-Bands an der Hand, aber kein geeig­ne­tes Stu­dio. Über eine Bran­chen­liste wurde er auf „Art of Sound Records“ in Schwarme, einem Dorf bei Bre­men, auf­merk­sam. Der aal­glatte Yup­pie, auch als Mana­ger der Gruppe „Stör­kraft“ bekannt, über­zeugte den Betrei­ber und es ent­stan­den einige Stu­dio­auf­nah­men. Damit begann der Ein­stieg von Johan­nes Meyer und sei­ner Firma „Art of Sound“ (AoS) in das Geschäft mit der rechts­ra­di­ka­len Musikszene.
Ursprüng­lich waren in sei­nem Ton­stu­dio in Schwarme Musik­pro­duk­tio­nen von Punk- bezie­hungs­weise Pop­bands wie „Jake Lynch“ aus Bre­men ent­stan­den. Inzwi­schen bedan­ken sich bun­des­weit bekannte Neo­nazi-Bands wie „End­lö­ser“ begeis­tert für die Zusam­men­ar­beit mit „Johan­nes von AoS“.

Als noch kaum jemand die 1995 in Dort­mund gegrün­dete Band „Oido­xie“ kannte, nah­men die bereits ihre CDs in Schwarme auf. Mitt­ler­weile spielt die Rechts­rock-Band auf Demons­tra­tio­nen des Ham­bur­ger „Freien Natio­na­lis­ten“ Chris­tian Worch oder beim ver­spä­te­ten Geburts­tags­kon­zert für Adolf Hit­ler am 21. April 2000 in Tecrassa in Spa­nien. Die CD „Schwarze Zukunft“ wurde auf staats­an­walt­schaft­li­chen Beschluss hin 1998 beschlag­nahmt. Im Mai die­ses Jah­res fan­den Haus­durch­su­chun­gen des Dort­mun­der Staats­schut­zes bei den Band­mit­glie­dern statt. Laut Zei­tungs­be­rich­ten sol­len sie CDs und Videos mit volks­ver­het­zen­dem Cha­rak­ter und natio­nal­so­zia­lis­ti­schem Inhalt her­ge­stellt und ver­brei­tet haben. In Schwarme dage­gen ver­stand man sich bestens.

Davon muss auch der bekannte Bre­mer Neo­nazi Jens Brandt gehört haben. Er ist Mit­glied der dienst­äl­tes­ten deut­schen Rechts-Rock-Band „End­stufe“ und nach eige­nen Anga­ben wur­den von deren 20 Ver­öf­fent­li­chun­gen 100.000 Exem­plare ver­kauft. Zwei CDs wur­den indi­ziert. Brandt betrieb bis 2000 das Label „Hanse-Records“, damit wurde er bei Meyer in Schwarme vor­stel­lig. Dies machte sze­nein­tern die Runde und auch die Band „End­lö­ser“ mischte ihre CD „End­lö­ser für Deutsch­land“ im Januar letz­ten Jah­res neun Tage lang bei AoS. Die Neo­nazi-Band, die im aktu­el­len Ver­fas­sungs­schutz­be­richt des Lan­des Bre­men erwähnt ist, spielte im Okto­ber ver­gan­ge­nen Jah­res gemein­sam mit drei US-Rechts­rock-Bands in Kirch­seelte. Orga­ni­sa­tor des Neo­nazi-Kon­zerts war der „Kame­rad­schafts­füh­rer Weser-Ems“ Robert Warne­cke. Ein zwei­tes Kon­zert wurde von der Poli­zei been­det. Robert Warne­cke ist inzwi­schen ver­zo­gen – übri­gens nach Schwarme.

Auch eine wei­tere bekannte nord­deut­sche Band spielte ihre Lie­der, nach eige­nen Anga­ben, bei „Art of Sound“ ein, die „Boots Brot­hers“. Auf der band­ei­ge­nen Home­page jubeln sie: „Wir mach­ten einen Ter­min und was dann geschah, glaubte kei­ner, es sprengte jeg­li­che Vor­stel­lungs­kraft, die wir bis dato besa­ßen. [...] Wahn­sin­nig teuer aber gerecht­fer­tigt und ab ging die Post“.

Das Geschäft mit der brau­nen Musik boomt. Die halb­her­zige Gegen­stra­te­gie der Behör­den, allein die Rechts­rock-Kon­zerte ver­bie­ten zu wol­len, greift nicht. Inzwi­schen warnt auch das Bun­des­in­nen­mi­nis­te­rium offen vor der Gefahr durch rechts­ra­di­kale Musik und ihre Macher. Über deren Lied­texte wer­den gefähr­li­che Ideo­lo­gien in die Köpfe der zumeist jun­gen Hörer trans­fe­riert, auf Kon­zert­ver­an­stal­tun­gen wird ver­sucht, für die orga­ni­sierte Szene zu werben.

Der Ton­stu­dio-Betrei­ber Johan­nes Meyer scheint sich im Rechts­rock­ge­werbe eta­bliert zu haben und ver­dient mit musi­ka­li­scher Hetze gut Geld – Skru­pel hat er keine.