Obwohl die Anzahl regional aktiver Nazis in den letzten Jahren eher stagnierte oder sogar zurückging, muss festgestellt werden, dass sich ihre Strukturen im kleinen oftmals verfestigt haben. Die verschiedenen Aktionsfelder der unterschiedlichen „Szenen“ im Nazi-Spektrum sind dabei weitgehend aufgeteilt. Trotz einiger Differenzen zwischen vielen dieser Gruppen und Grüppchen gibt es häufig Unterstützung und Zusammenarbeit untereinander. Im großen und ganzen kann aber festgestellt werden, dass eine politische Außenwirkung und „Signalgebung“ der regionalen Naziszene zur Zeit nicht gegeben ist. Im folgenden Text werden Strukturen, Entwicklungen und Personen dieser Kreise genauer beleuchtet.
1) Allgemeine Entwicklung des NS-Spektrums in der BRD
Nach den Verboten von z. B. der FAP („Freiheitliche Deutsche Arbeiterpartei“), der NF („Nationalistische Front“), der DA („Deutsche Alternative“) oder der „Wiking-Jugend“ Anfang der Neunziger Jahre orientierten sich viele Mitglieder und Kader der verbotenen Organisationen und Parteien in die Richtung der NPD (Nationaldemokratische Partei Deutschlands). Diese hatte damals die Türen für Neonazis aus dem militanten Spektrum geöffnet und die Attraktivität der Partei für diesen Personenkreis gesteigert. Unter dem damaligen Vorsitzenden Udo Voigt wurde dieses Konzept weiter ausgebaut. Die NPD entwickelte sich so von einer überalteten Wahlpartei zu einer „Kampf- und Kaderpartei“ für das gesamte Nazispektrum. Ihre Jugendorganisation JN (Junge Nationaldemokraten) verfolgte parallel das gleiche Konzept, wobei ihr Hauptaugenmerk darauf lag, junge neue Kader auszubilden und ihre Mitglieder auf den „Kampf“ vorzubereiten. Weiterhin wurde versucht, nicht eingebundene örtliche Kameradschaften, Kleinstgruppen und Einzelpersonen in die Arbeit einzubinden, auch ohne feste JN- oder NPD-Parteimitgliedschaft.
Zeitgleich entwickelten sich auch die sogenannten „Freien Kameradschaften“ bzw. die „Freien Nationalisten“. Diese wollen unabhängig von Parteien als revolutionäre Speerspitze des militanten Faschismus gesehen werden. Mit eigenen Strukturen, Medien, Treffen, Konzerten und Aufmärschen können sie für ihre Anhängerschaft attraktiver und radikaler agieren als die NPD. Bundesweit wirken diese Kräfte zwar zersplittert, bei näherer Betrachtung gibt es aber ein Netzwerk mit Verbindungen und Vernetzungen in sämtliche Richtungen. Im Norden (Bremen, Niedersachsen, Hamburg, Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern) gibt es wiederkehrende Versuche, eine überregionale Organisationsstruktur aufzubauen, darunter z. B. das „Aktionsbüro Norddeutschland“, das „Nationale und Soziale Aktionsbündnis Norddeutschland“ (NSAB) oder zuletzt den sog. „Stammtisch Nord“.
Von Anfang an gab es zwischen den Führungszirkeln der NPD/JN und denen der „Freien Kräfte“ erhebliche Auseinandersetzungen über die Führungsrolle innerhalb des Neonazispektrums. Im Norden werden die Aktivitäten zur Zeit eindeutig von den „Freien“ dominiert – die NPD/JN wird allenfalls als Hilfsmittel und Plattform benutzt. Mittlerweile haben viele Führungskader aus Kameradschaften innerhalb der NPD Funktionen und Posten auf Landes- und Bundesebene übernommen, die NPD selber entwickelte sich damit zu einem Sammelbecken fast aller Strömungen innerhalb der rechtsextremen Szene. Auch der „subkulturelle Flügel“ hat sich weiter entwickelt, es gibt gefestigte Strukturen und Verbindungen in verschiedenen Szenen, wie z. B. im Bereich Fußball/Fanszenen, Skinheadszene, (NS-Black-)Metal-Szene.
2) Grundsätzliches zur Bremer Nazi-Szene
In Bremen und dem Bremer Umland existieren neben den weiter unten aufgeführten Organisationen, Kameradschaften und Gruppen aktuell weitere kleine, meist namenlose Zusammenschlüsse unterschiedlichster Coleur, Größe und Zielsetzung. Viele lösen sich nach einiger Zeit wieder auf um sich in anderen Konstellationen neu zusammenzufinden, andere arbeiten seit Jahren mehr oder weniger kontinuierlich an ihren Zielen. Unter diesem gesamten Netzwerk gibt es Austausch und Koordinierung. Viele Nazis sind in mehreren Gruppierungen aktiv. In verschiedenen bzw. wechselnden Zusammenschlüssen werden Aufmärsche, Konzerte, Veranstaltungen, Aktionen und Schulungen im gesamten norddeutschen Raum durchgeführt bzw. sich an ihnen beteiligt.
Auf einige Gruppierungen dieses Netzwerkes wird im folgenden Text näher eingegangen.
3) Freie Kameradschaften
In Bremen gab es bis zu den Verboten Anfang der neunziger Jahre mehrere z.T. schon lange existierende Gruppen und Kreise (FAP, NF, DA). 1996 gründete sich dann aus einer „Freien Kameradschaft“ um Markus Privenau sowie ehemaligen NF- und DA-Mitgliedern und Nachwuchsnazis der JN-Landesverband Bremen. Nach parteiinternen Querelen auf Bundesebene kam es Ende 1997 zur Auflösung dieses Landesverbandes und zur Gründung der „Kameradschaft Bremen“ bzw. der „Freien Nationalisten Bremen“.
Der alte Kern der „Freien Nationalisten Bremen“ bestand aus ungefähr 5–10 Nazis (Andreas Hackmann, Christian Hamer, Simon Lahusen, Hans-Joachim Varnhorn, Alexander Backes, Axel Gemp u.a.). Diese ursprüngliche Gruppe tritt zwar nicht mehr in ihrer damaligen Besetzung in Erscheinung, dennoch sind einige ihrer ursprünglichen Mitglieder weiterhin in der Naziszene aktiv. Seit 2008 gibt es unter der „alten“ Bezeichnung eine neue aktive Kameradschaft. Als federführend sind hier Thorsten Schibblock und sein Sohn Gerold zu nennen. Unter dem Label „Vereinte Nationalisten Bremen“ arbeitet dieser Kreis mit dem gesamten Nazispektrum in Bremen zusammen und versucht besonders, Jugendliche an die Szene zu binden, in letzter Zeit vor allem im Umfeld der Fußball-/Fanszene.
Dem bundesweiten „Trend“ folgend haben sich in den letzten Jahren auch im Bremer Raum Zusammenhänge von sogenannten „Autonomen Nationalisten“ (AN) gebildet. Neben einzelnen Aktivisten gibt es z. B. im Raum Soltau-Fallingbostel, in Delmenhorst, in Oldenburg sowie in Ostfriesland kleinere Gruppen dieser Ausrichtung. Außer einigen Einzelpersonen, die dem AN-Spektrum zuzurechnen sind, gibt es in Bremen aber keine nennenswerte Gruppierung dieser Art.
4) NPD/JN
Die NPD Bremen war nach ihren Wahlerfolgen in den 60er Jahren (bis zu 6 Bürgerschaftsabgeordnete) gemäß dem bundesweiten Trend bis in die frühen 90er Jahre immer weiter in die Bedeutungslosigkeit abgerutscht. Der Landesverband Bremen/Bremerhaven zählte zeitweise nur um die 30 Mitglieder, von denen ein Großteil passiv und überaltert war. In den folgenden Jahren wurde er durch ehemalige AktivistInnen aus den verbotenen Organisationen und neuen Jungnazis übernommen. Nach einigen Jahren minimaler politischer Rumkrebserei ist die Bremer NPD mit ihrer „NPD-Jugendgruppe“ zuletzt wieder vermehrt aktiv gewesen. Seit 2006 wurden diverse Infotische, Flugblattaktionen usw. durchgeführt, „Highlight“ war ein von ihnen organisierter Aufmarsch in Bremen-Walle im November 2006.
Die Bremer NPD ist auch auf vielen überregionalen Aktionen und Aufmärschen zu finden. Aufgrund einiger Austritte und den üblichen parteiinternen Querelen hatten die Aktivitäten in den letzten Jahren wieder nachgelassen. Unter der Führung des ehemaligen „Ortsgruppenführers“ und stellvertretenden Bundesvorsitzenden der verbotenen „Nationalistischen Front“ (NF), Thorsten Schibblock, versucht die Bremer NPD derzeit wieder handlungsfähiger zu werden.
Im Bremer Umland sind aktuell besonders die NPD-Kreisbereiche Verden, Oldenburg und Delmenhorst aktiv, auch in anderen Landkreisen sind kleinere NPD- und JN-Gruppen aktiv, die oft eng mit anderen örtlichen Nazicliquen und Kameradschaften zusammenarbeiten. Wie überall versucht die NPD/JN in die Offensive zu kommen, neue – vor allem junge – Mitglieder zu gewinnen, Strukturen zu reaktivieren und vermehrt öffentlich aufzutreten. Damit verbunden ist ein Anstieg von Gewalttaten gegen politisch Andersdenkende und Nicht-Deutsche, so kamen beispielsweise auch die Täter der Anschlagsserie in Bremen 2008 gegen linke und antifaschistische Einrichtungen aus den Reihen der NPD-Jugend und deren Umfeld.
5) „Anti-Antifa“
Ein weiterer Schwerpunkt von Aktivitäten im Bremer Raum ist die sogenannte „Anti-Antifa-Arbeit“, die vom gesamten Nazispektrum getragen wird. Zentrale Figur dieser Arbeit ist Andreas „Hacki“ Hackmann, der bei seinen Schnüffeleien oftmals von anderen Nazis wie Simon Lahusen oder Sebastian Allwardt aus Bremen oder Nils Budig aus Schwanewede begleitet wird. Die gesammelten Informationen über Linke und AntifaschistInnen wurden und werden für Anschläge und Übergriffe genutzt.
6) Nazizentren
In der Bremer Region gibt es mehrere nennenswerte Nazizentren.
Das wohl bekannteste ist bzw. war der „Heisenhof“ bei Dörverden (südlich von Verden), ein riesiges ehemaliges Bundeswehrareal mit mehreren Gebäuden das 2004 vom inzwischen verstorbenen Hamburger Rechtsanwalt Jürgen Rieger bzw. seiner „Wilhelm Tietjen Stiftung für Fertilisation“ gekauft wurde. Die auf dem Gelände wohnenden örtlichen NPD/JN-Mitglieder nutzten die Örtlichkeiten für Treffen, Schulungen, Wehrsportaktivitäten etc. In den Garagen waren NPD-Materialien und Riegers Sammlung von Wehrmachtsfahrzeugen untergebracht. Eine großangelegte, permanente Nutzung ist zwar angestrebt, scheint aber derzeit rechtlich nicht durchsetzbar.
Eine weitere NPD-Lokalität, die sogenannte „NPD-Scheune“, befindet sich in Bargstedt bei Stade. Hier unterhält der NPD-Funktionär Adolf Dammann ein kleines Schulungszentrum, das oft und regelmäßig genutzt wird.
Des weiteren wäre noch der „Auehof“ bei Kirchdorf (südlich von Sulingen) zu nennen, ein großer Hof der vom „Auehof-Verein“ gekauft wurde. Die Mitglieder des Vereins, die auch auf dem Areal leben, bezeichnen sich (bzw. den Hof) als „Heimstätte der Kultur- und Brauchtumspflege“. Sie betreiben auf dem Gelände eine Schmiede und fröhnen einem wirren „Germanen-Kult“. Bei Sonnenwendfeiern und ähnlichen Anlässen treffen sich hier Alt- und Neonazis.
7) Nazi-Rock und Boneheads
Die Nazirockszene ist innerhalb einer in vielen Schattierungen existierenden NS-Bewegung mittlerweile zu einem eigenständigen Aktionsfeld geworden. Sie ist einerseits Rekrutierungsfeld für organisierte Partei-Nazis, die hoffen über die Musik-Schiene an neue Mitglieder heranzukommen, andererseits gibt es aber auch Abgrenzung dieser Kreise gegeneinander. Grundsätzlich lässt sich jedoch feststellen, dass viele in diesem Spektrum aktive Nazis gute Kontakte zu anderen Nazi-Organisation unterhalten oder sich selbst in diesen betätigen.
In Bremen gibt es ca. seit Mitte der 80er eine aktive Naziskinszene, die allerdings im letzten Jahrzehnt deutlich geschrumpft ist. Gab es um 2001/2002 noch mehrere Konzerte im Bremer Raum mit z.T. vielen hundert Nazis, so sind die meisten Versuche derartiges zu veranstalten in den letzten Jahren durch Unfähigkeit, Polizei oder Antifa gescheitert. Solche Events wurden damals sowohl von den „Hammerskins“ als auch von der mittlerweile verbotenen „Blood&Honour“-Struktur organisiert. Auch Nazis aus den Reihen der NPD/JN versuchten mehrmals Konzerte bzw. Liederabende zu organisieren.
Bremer Nazis sind weiterhin nicht unerheblich an der Produktion und dem Vertrieb von „Rechts-Rock“ beteiligt, beispielsweise spielen viele Nazi-Bands ihre CDs im „Art Of Sounds“-Studio in Schwarme ein. Auch am bundesweiten Vertrieb der sogenannten „Schulhof-CD“ waren Bremer beteiligt, u.a. wurden beim Hammerskin Marc Gaitzsch 2005 mehrere hundert Exemplare beschlagnahmt.
Wohl der älteste und bedeutendste Kern der Bremer Naziskinszene war die „Hammerskin-Sektion Bremen“, die allerdings in den letzten Jahren kaum noch aktiv war. Gebildet hatte sie sich um die Band „Endstufe“ und das ehemalige Plattenlabel (und Versand) „Hanse-Records“. Als Vorzeigeband des Bremer Hammerskin-Spektrums galt „Endlöser“ (früher „Schlachtruf“), ihre Ausrichtung war derb NS-orientiert. 2005 löste sich die Band auf, ehemalige Mitglieder spielen bzw. spielten bei der reaktivierten Band „Endstufe“. In deren Umfeld („Endstufe-Crew“) sammelt sich vor allem das ältere Nazi-Bonehead-Spektrum aus dem Bremer Raum und versucht ein nach Außen politisch offen/offensives Auftreten als Nazis zu vermeiden. Ihre Vernetzungen, Verbindungen und (internen) Aussagen sprechen allerdings eine nach wie vor andere Sprache.
Auf die Band „Kategorie C“ aus dem rechten Hooligan-Spektrum, die thematisch auch in den Bereich Nazi-Rock fällt, wird im nächsten Abschnitt noch detaillierter eingegangen.
Des weiteren gab es im Bremer Raum noch eine Gruppe der weltweiten „Blood&Honour“-Organisation. Diese wurde zwar im Jahre 2000 verboten, viele ihrer Aktivisten sind aber nach wie vor im Rechtsrock-Geschäft aktiv, so auch der Bremer Henrik „Ossi“ Ostendorf.
Ferner gibt es in der Region noch weitere Bands und Projekte, deren Kontinuität und Produktivität recht unterschiedlich ist, wie z. B. die Band „Hetzjagd“ aus der Bremer Hammerskin-Sektion, deren Mitglieder aktive Nazis sind.
Seit 2004 gibt es außerdem noch den Versand „Heimdall-Shop“, der vom Bremen-Norder NPD-Aktivisten Lutz Henze betrieben wird. Hier gibt es neben den üblichen Rechtsrock-CDs Nazischeiße in den verschiedensten Formen und Farben zu bestellen.
Ebenfalls aus Bremen-Nord kommen die 2007 gegründeten „Strafmass“, die sich offen zur Naziterrorgruppe „Combat 18“ bekennen, Mitglieder der Band beteiligten sich 2008 unter anderem an Anschlägen gegen antifaschistische/linke Einrichtungen in Bremen.
8) Nazi-Hooligans
Am Rande der Spiele von Werder Bremen trifft sich eine Menge bekannter Nazis aller Coleur aus dem gesamten Bremer Raum. Im Stadion sind vereinzelt aktive Nazis zu finden, die dort zwar Leute ansprechen können und dies auch tun, innerhalb der gesamten Fanszene aber kaum etwas zu melden haben. Im Gegensatz dazu gibt es in der Hooliganszene aber eine Vielzahl offen auftretender Nazis, die deutlichen Einfluss auf die politische Ausrichtung und „Außendarstellung“ ihrer jeweiligen Gruppierungen haben (z. B. „Standarte Bremen“ oder „Nordsturm Brema“).
Mehrere führende Hooligans (Henrik Ostendorf, Andre Sagemann, Mirko Hornstein) lassen sich zwar eindeutig als Nazis bezeichnen, trotzdem ist die Hool-Szene insgesamt keineswegs faschistisch orientiert. Ein nicht zu übersehender Teil des Bremer Nazi-Nachwuchses kommt allerdings aus dieser Szene. Bremer Nazi-Hooligans beteiligen sich immer wieder an politisch eindeutigen Aktionen, wie z. B. der Teilnahme an Nazi-Aufmärschen und ‑Veranstaltungen. Schwerpunktmäßig verstehen sie sich dabei als Prügeltruppe und versuchen vermeintliche AntifaschistInnen und Linke anzugreifen, eingewiesen werden sie dabei oftmals vom Anti-Antifa-„Experten“ Andreas Hackmann (s.o.).
Die Politisierung dieser ja ach so „unpolitischen“ Kreise ist mit Sicherheit auch auf die Aktivitäten der Band „Kategorie C“ zurückzuführen. „KC“ ist eine nach außen scheinbar unpolitische Band aus dem Bremer Raum, sie gelten als DIE Hooligan-Band. Ihre Mitglieder waren über die Jahre in diversen Nazibands (Endstufe, Patriotic Bois, Nahkampf) aktiv, und unterhielten enge Kontakte zum Blood&Honour-Netzwerk. Der Sänger Hannes Ostendorf trat nebenbei noch mit der Naziband „Agitator“ auf, unter anderem bei einem Aufmarsch zur Freilassung des Landser-Sängers Michael Regener. Allen Mitgliedern sind eindeutig faschistische Aktivitäten und Kontakte nachzuweisen, sie stellen einen Flügel im rechten Netzwerk dar, der gemäß seinen Interessen und selbstgestellten Aufgaben agiert. Neben der politischen Agitation im großteils eher unpolitischen, jungen Fußball-Umfeld geht es bei Musik-Projekten wie „KC“ immer auch um konkrete Geschäftsinteressen. Der Bereich Hooligan-Musik, ‑Streetwear u.a. stellt seit Jahren ein riesen Geschäftsfeld dar, in dem auch regionale Nazis wie Hannes und Henrik Ostendorf sowie ihr jüngerer Bruder Marten (Inhaber des „Sportsfreund“) Geld machen wollen. Auch der Bremer Versand sieg-oder-spielabbruch.de/90min.de fischt seit Jahren im stinkenden Tümpel von Nationalstolz, Rassismus und Hooligan-„Style“.
Interessant sind in diesem Zusammenhang auch die Kontakte und Verknüpfungen von Hools, Naziskins, Rockern, Security und der „Organisierten Kriminalität“, offenbar gibt es intensive Schnittpunkte zwischen diesen Szenen. Diese betreffen z. B. „geschäftliche“ Aktivitäten wie die Türsteher/Security-Branche, Drogen- und Waffenhandel, Prostitution und bei einigen mit Sicherheit auch weltanschauliche Punkte. So fanden vor einigen Jahren mehrere „KC“-Konzerte im Bremer Raum in Rockerclubs statt (z. B. im „Blazes“-Vereinsheim in Brinkum und im „Gremium“-Vereinsheim in Bremerhaven). In der Security-Branche bzw. Türsteher-Szene arbeiten mehrere bekannte Nazis bzw. Nazihools (z. B. Andre Sagemann, Stefan Ahrlich, u.a.) teilweise eng mit den „Hells Angels“ und deren Nachwuchsclub „Red Devils“ zusammen. In von Nazi-Türstehern und befreundeten Rockern kontrollierten Gebieten, Discos und Veranstaltungen fühlen sich Nazis anscheinend sicher und wohl. Neben den Jobs, die die Nazis als Türsteher, Security usw. ausüben können, spielen natürlich auch die Kontakte selber eine große Rolle. So kann die Infrastruktur für ihre „Sache“ genutzt werden, beispielsweise die Nutzung der Räume für ihre Veranstaltungen. Aber auch bei der Beschaffung von Waffen etc. könnten diese Kontakte hilfreich sein. Allzu gerne verstecken sich die Naziwürstchen hinter dem Schutzschirm/Nimbus der Rocker-Szene, einige Rockerclubs rekrutieren ihrerseits mittlerweile Kanonenfutter für ihre Revierkämpfe bei lokalen Nazis.
9) Deutsche Volksunion, Republikaner und ähnlicher rechter Parteidreck
Seit 1987 gelingt der DVU alle 4 Jahre wieder durch einen millionenschweren, massiven Propagandawahlkampf der Einzug in die Bremer Bürgerschaft. Zwischen 1991 und 1995 konnten sie sogar noch einen draufsetzen und insgesamt 5 Leute ins Stadtparlament befördern. Es gab damals bis zu 500 Mitglieder im Landesverband. Seit 1999 sitzt das (mittlerweile ehemalige) DVU-Mitglied Siegfried Tittmann aus Bremerhaven in der Bürgerschaft, der DVUler Rudolf Bargmann ist in der Bremerhavener Stadtverordnetenversammlung vertreten, außerdem sitzen mehrere DVUler in den Bremer Stadtteilbeiräten. 2007 trat Tittmann aus der DVU aus und behielt sein Bürgerschaftsmandat (jetzt parteilos). In der Bremerhavener Stadtverordnetenversammlung gründete er mit dem Ex-DVUler Anatoli Wolf die Gruppe „Protest der Bürger“ (PdB). Die Aktivitäten des Landesverbandes beschränken sich im wesentlichen jedoch auf monatliche Stammtische und gelegentliche Busfahrten zu überregionalen Großveranstaltungen. Die Kernbelegschaft der Bremer DVU besteht aus ca. 15 meist alten Nazis, die sich zum Großteil auch aus anderen Gruppen und Verbänden kennen. Sie ist nach wie vor das Sammelbecken für die ältere Generation. Führende Aktivisten sind Elfriede Budina, Steffen Krause und Hans Weidenbach (alle aus Bremen und Mitglieder des DVU-Bundesvorstandes) sowie der Bremerhavener Kreisvorsitzende Rudolf Bargmann. Ab 2005 beteiligte sich die Bremer DVU an dem von der NPD angeleierten „Volksfront“-Bündnis, welches eine Zusammenarbeit des gesamten rechtsextremen Spektrums anstrebte. Intensive Kontakte und Zusammenarbeit zwischen beiden Parteien bestehen bis heute.
Vom Bremer Landesverband der Republikaner war in den letzten Jahren kaum noch was zu hören. Die Aktivitäten in Bremen begannen Mitte der 80er Jahre und waren durchgängig von einer recht häufig wechselnden Belegschaft geprägt, der Kern ist nach wie vor sehr klein und der Landesverband zählt um die 15 Mitglieder. Seit der Bürgerschaftswahl im Mai 2008 sitzt der stellvertretende Landesvorsitzende Harald Wiese im Stadtteilbeirat Gröpelingen, Landesvorsitzender selbst ist Peter P. aus Walle.
Die Bremer Landesverbände der „Schill-Partei“ („Partei Rechtsstaatlicher Offensive“ – PRO) und des sogenannten „Aufrechten Gang“ haben sich mittlerweile aufgelöst. Einige ihrer Mitglieder haben sich der NPD, der DVU oder den REPs angeschlossen, andere finden sich in immer wieder neuen Konstellationen zusammen, wie der Wählervereinigung „Bürger In Wut“ (BiW). Diese ist seit 2007 mit einem Mandat in der Bremer Landesbürgerschaft (Jan Timke), mit 3 Mitgliedern in der Bremerhavener Stadtverordnetenversammlung (Heinrich Grotstück, Ralf Matheja, Jan Timke) sowie in einem Bremer Stadtteilbeirat (Werner Fincke in Horn-Lehe) vertreten ist.
Auch die „Deutsche Partei“ (DP) und das „Bündnis für Deutschland“ haben im Lande Bremen kleine Verbände, sind aber politisch in ihrer aktuellen Verfassung absolut irrelevant.
10) Rechte Reste
Weiterhin erwähnenswert sind folgende Gruppen, Organisationen und Verbände im Bremer Raum, die jedoch sehr klein sind und stark an Überalterung leiden, und bei denen sich viele Mitgliedschaften überschneiden:
„FREIER BREMER BÜRGERKREIS“ (FBB)
ist ein aus ca. 10–20 alten Nazis bestehender, überparteilicher Hintergrundkreis, der zum einen innerhalb der älteren Generation Geld sammelt und zum anderen jüngere Nazis mit Geld und struktureller Hilfe unterstützt, überregionale Kontakte pflegt und versucht, z. B. mit Veranstaltungen und Vorträgen das gesamte Spektrum ideologisch zu bilden. Von ihrer idiotischen inhaltlichen Ausrichtung her sind sie das Pendant zum eher jüngerem NS-Spektrum um „Freie Nationalisten“ u.ä. herum.
„GEMEINSCHAFT DEUTSCHER OSTEN“ (GDO)
ist die kleine Ortsgruppe einer bundesweiten Organisation aus dem rechtsextremen Rand des Vertriebenenspektrums. Bis auf seltene kleinere Vorträge gibt es scheinbar kaum Aktivitäten. Die Geschäftsstelle der GDO ist bei der Familie Stolle in Nienburg zu finden.
„BUND FÜR GOTTERKENNTNIS / LUDENDORFFER“
sind eine ca. 20 Altnazis umfassende, stark deutsch-völkisch orientierte Vereinigung, deren Ursprung auf eine in den 20er bis 40er Jahren existierende Religions- und Weltanschauungsgemeinschaft zurückgeht. Dementsprechend sind ihre Mitglieder überwiegend alt bis scheintot, sollten aber trotzdem erwähnt werden. Aus ihrem Umfeld geht auch der „Faksimile-Verlag“ samt Druckerei und Antiquariat von Wieland Körner (ehemals Soyka) aus Bremen-Oberneuland hervor, der extrem antisemitischen Schund und alte Nazischinken vertreibt.
Sein Vater Walter Soyka kandidierte mehrere Jahrzehnte zur Wahl des Studierendenrats an der Universität Bremen. Nach seinem Tod kandidiert dort jetzt ein weiterer Spross des Soyka-Clans namens Tilmann de Bruin.
Ähnlich verhält es sich mit den „UNITARIERN“ und deren beiden Organisationen „BUND DEUTSCHER UNITARIER“ (BDU) bzw. „DEUTSCHE UNITARIER RELIGIONSGEMEINSCHAFT“ (DUR). Auch dies ist eine nationalistisch geprägte, sektenähnliche Glaubensrichtung, die ebenfalls stark an Überalterung leidet und kaum noch Aktivitäten vorweisen kann. Der BDU hat in der Humboldtstr. in Bremen ein Vereinsheim in dem früher u.a. Vorträge aus dem Nazispektrum stattfanden.
„EVANGELISCHE NOTGEMEINSCHAFT IN DEUTSCHLAND“ (ENID)
ist eine Vereinigung rechts-konservativer AnhängerInnen der evangelischen Kirche mit wertkonservativen bis stockreaktionären Inhalten wie „Überfremdung“, Familie, Abtreibung. Regelmäßige Veranstaltungen werden in den Dom- und Martini-Gemeinden durchgeführt. Die bereits durch entsprechende Reden und Taten aufgefallene Elisabeth Motschmann aus dem CDU-Landesvorstand ist die Ehefrau von einem der Motschmann-Brüder, die führend in der ENID aktiv sind.
Der „VEREIN FÜR DAS DEUTSCHTUM IM AUSLAND“ (VDA) ist als Landesverband auch in Bremen ansässig. Die, die sich für Vertriebene und ihre Nachfahren halten, organisieren sich in mehreren Landsmannschaften (Pommern, Schlesien, Ostpreußen und Sudeten) und ihrem Dachverband „BUND DER VERTRIEBENEN“. Diese Verbände sind so alt wie die Geschichten die sie erzählen, ihre Aktivitäten umfassen einerseits Traditionspflege („Königsberger Klopse“) sowie politische und kulturelle Veranstaltungen zur Vertriebenenthematik. Andererseits reichen ihre Kontakte bis in höchste Regierungskreise und ihr Einfluss auf z. B. die deutsche Ostpolitik ist nicht zu unterschätzen.
11) Resümee
Wie aus dem Text ersichtlich wird, gibt es auch in der Bremer Region Probleme mit Nazis und rechtsextremen Gruppen. Im Laufe der vergangenen Jahre haben sie ihre Strukturen Stück für Stück modernisiert, verschiedene Netzwerke und Zusammenschlüsse aufgebaut und versuchen immer wieder, neue „KameradInnen“ anzusprechen und einzubinden. Mit der Öffnung für neue Subkulturen versuchen sie, auf junge Menschen „cool“ und ansprechend zu wirken. Immer wieder haben die oben erwähnten Kreise regionale Aufmärsche durchgeführt oder sich an überregionalen Naziaktivitäten beteiligt, antifaschistische Veranstaltungen und Bündnisse „gestört“ oder durch militante Aktionen und gewalttätige Übergriffe ihre Ansichten demonstriert. Durch diese und andere Aktivitäten erhoffen sie sich ihre Szene weiter zu festigen und an gesellschaftlichem Einfluss zu gewinnen. Um rechte Jugendliche in die Strukturen mit einzubinden, sind gerade Aufmärsche, Aktionen und kulturelle Veranstaltungen von enormer Bedeutung, das wissen auch die Kader in Bremen und Niedersachsen.
Dementsprechend ist es natürlich gelogen, wenn man Polizei, Verfassungsschutz und PolitikerInnen immer mal wieder davon reden hört, es gäbe in unserer Region kein Problem mit Nazis. Ein Problem mit Nazis beginnt nicht erst dann, wenn Flüchtlingsunterkünfte in Flammen stehen oder Menschen zu Tode gehetzt werden. Sondern ein Problem mit rechten und rechtextremen Gruppen und Personen beginnt da, wo sie versuchen sich in der Öffentlichkeit Gehör zu verschaffen und gesellschaftlichen Einfluss zu gewinnen.
Alle sollten sich dessen bewusst werden, dass Neonazis keine Protestbewegung des „demokratischen rechten Randes“ sind, sondern letztendlich immer das Ziel verfolgen, ein neues nationalsozialistisches Reich zu errichten – mit all seinen Konsequenzen.
Als militante Speerspitze fungierend, die ihre menschenverachtende Ideologie mit herrschenden gesellschaftlichen Werten (Rassismus, Hierarchien, Obrigkeits- und Sicherheitsfanatismus usw.) gepaart hat, agieren Neonazis parallel zur reaktionären Entwicklung in diesem Land (und darüber hinaus). Hierbei ergänzen und unterstützen sich eine Vielzahl rechter, rechtsextremer und rechtskonservativer Kreise, die alle im selben Pool sitzen und sich die Bälle mal offen, mal verdeckt zuspielen.
Aber auch die Gesellschaft als Ganzes trägt ihren Teil dazu bei, wenn es Rechten jeglicher Couleur gelingt ihren Politikdreck salonfähig zu machen. Wenn die Forderungen rechtsextremer Parteien plötzlich von den sogenannten „Etablierten“ übernommen werden, ist eine Mitschuld am Erstarken der rechten Szene nicht zu leugnen.
Deshalb haben wir in diesem Text auch das ganze Spektrum an rechten Gruppierungen, Organisationen und Parteien aufgeführt, die für den Bremer Raum relevant sind. Sowohl im Einzelnen als auch in ihrer Gesamtheit besteht eine Gefahr, die nicht unterschätzt oder ignoriert werden darf. Aktivitäten und Verantwortliche aus diesem Spektrum müssen immer wieder öffentlich gemacht werden und Nazis in ihrer Arbeit immer wieder gestört und angegriffen werden, damit ihr gesellschaftlicher Einfluss zurückgedrängt werden kann.
Dazu ist es wichtig zu wissen mit wem wir es zu tun haben und wie wir dagegen vorgehen können. Nur eine breite und starke antifaschistische Bewegung kann Faschismus und FaschistInnen klein halten. Sich bei diesem Kampf auf den Staat und seine Büttel zu verlassen würde heißen, aus der deutschen Geschichte nichts gelernt zu haben.
Wir dürfen, können und wollen nicht warten, bis vielleicht die Politik oder irgendwelche Bullen die Entwicklung von Nazi-Strukturen erkennen und dann dagegen vorgehen, um ihre „freiheitlich-demokratische Grundordnung“ zu schützen. Um zu erkennen, dass Nazis und ihre verschissene Ideologie der Gesellschaft, in der wir leben möchten, absolut entgegen stehen, brauchen wir keine Polizei und keinen Verfassungsschutz.
Wie auch an vielen anderen Orten sind Nazis genauso in Bremen aktiv! Berichten wir darüber, organisieren Aktionen gegen sie und treten wir ihnen in ihre braunen Ärsche!
Wenn Ihr Informationen, Publikationen, Bilder, ... von/über Nazis habt, schickt sie uns!