Die Bremer Bürgerschaftswahlen sind zu Ende, und mit ihnen auch der Wahlkampf. Insgesamt sind im Lande Bremen 5 Parteien/Wahlvereinigungen des rechten Spektrums angetreten: die DVU, die Republikaner, „Bremen muss leben – Die Konservativen“, „Bürger in Wut“ sowie „Ab jetzt – Bündnis für Deutschland“ (die letzten beiden nur im Wahlbereich Bremerhaven).
Rechter Wahlkampf 2007 in Bremen
Von Seiten der DVU gab es wieder die übliche Materialschlacht: mehrere Infostände, ein Flugzeug mit DVU-Banner über Bremerhaven, massive Plaktierung an allen großen Straßen und Hauswurfsendungen an Erst- und JungwählerInnen. Dazu als „Highlight“ die DVU-Veranstaltung in der Bremerhavener Stadthalle.
Ärger gab es unterdessen mit der NPD: Entgegen den Vereinbarungen im sog. „Deutschland-Pakt“ veranlasste der DVU-Bundesvorsitzende Gerhard Frey, dass keine NPD-Nazis auf den Bremer DVU-Listen kandidieren. Urspünglich vorgesehen war hierfür die Creme de la Creme der Bremer NPD in Bezug auf Intelligenz und Charisma – Jörg Wrieden, Sascha Humpe, Lutz Henze und Gabriela Yardim.
Der Hinweis „unterstützt von der NPD“ auf den DVU-Wahlplakaten stellte sich damit bereits als falsch heraus, bevor der Wahlkampf überhaupt begonnen hatte. Rückblickend betrachtet könnte die Bremer Wahl im besten Fall sogar der Anfang vom Ende des „Deutschland-Paktes“ auf Bundesebene gewesen sein.
Die REPs führten mehrere Infostände durch und plakatierten ebenfalls massiv in Bremens Straßen (besonders im Westen, was ihnen erfreulicherweise nichts gebracht hat). Zu der Wahlveranstaltung mit ihrem Bundesvorsitzenden Schlierer im „Hotel Luisental“ kamen knapp über 30 ZuhörerInnen.
Auf das Haus des Landesvorsitzenden Peter P. wurde nach REP-Angaben kurze Zeit zuvor ein „Anschlag“ mit Farbeiern verübt, wenig später brannte dann dummerweise noch der Container mit Wahlmaterialien ab.
Auch für „Bremen muss leben – Die Konservativen“ hieß es weitgehend „außer Spesen nix gewesen“. Um die 1,5 Millionen Euro hatte die Siegerist-Partei im Wahlkampf verpulvert, z. B. wurden Wurfsendungen an alle Haushalte durch BilligarbeiterInnen aus Osteuropa verteilt, welchen die Anreise und Unterkunft sowie ein geringes Taschengeld bezahlt wurde.
Einige der Kandidaten wohnten zum Zeitpunkt der Wahl nicht einmal im Lande Bremen, ein im Besitz von Siegerist befindliches Haus (In der Finkenau 111, Bremen-Oslebshausen) diente lediglich als offizielle Adresse. Höhepunkt ihres Wahlkampfes war eine Wahlveranstaltung mit dem österreichischen Nazischwein Jörg Haider mit um die 200 TeilnehmerInnen.
In Bremerhaven traten zusätzlich noch die „Bürger in Wut“ um den BKA-Polizisten Jan Timke (2003 noch Spitzenkandidat der Schillpartei) und die Wahlvereinigung „Ab jetzt – Bündnis für Deutschland“ an. Beide haben allerdings einen recht „unspektakulären“ Wahlkampf durchgeführt.
Blick auf die Wahlergebnisse
Die beiden an der großen Koalition in Bremen beteiligten Parteien SPD und CDU verlieren erwartungsgemäß deutlich, die Grünen dagegen gewinnen deutlich hinzu, genauso wie die Linke – ihr gelingt es zum ersten Mal in ein westdeutsches Landesparlament einzuziehen.
Dies ist auch der DVU wieder gelungen, die sich zum wiederholten Male in Bremerhaven knapp über die 5%-Hürde retten konnten, was für den Einzug in die Bremer Bürgerschaft ausreicht. Landesweit lautet das Ergebnis nun 2,74%, 2003 waren es noch 2,29% gewesen. Allerdings haben sie in ihrer „Hochburg“ Bremerhaven im Vergleich zu vor vier Jahren knapp 900 Stimmen verloren.
Nicht in der Bürgerschaft vertreten sind dagegen die Republikaner (landesweit 0,5%) und „Bremen muss leben“ (landesweit 1,62%). Der rechtskonservative Sauhaufen ist somit nur mit knappen 23,38% am eigenen Wahlziel vorbeigeschlittert. Alle Achtung!
Auch für Jan Timkes Bremerhavener „Bürger in Wut“ hat es leider nicht gereicht. Sie legten eine punktgenaue Landung auf 4,99% hin und verpassen damit knapp den Einzug in die Bürgerschaft. Dem Landeswahlleiter zufolge fehlte ihnen genau eine einzige Stimme. Vor diesem Hintergrund ist es natürlich besonders lustig, dass Spitzenkandidat Timke offenbar selber die Stimmabgabe verpennt hat: Gerüchten anderer BiW-lern zufolge verbrachte der gelernte BKA-Personenschützer den ganzen Wahlsonntag im Bett, sein peinlicher Auftritt vor den Kameras am Abend unterstreicht den Verdacht des ungezügelten Alkoholkonsums.
Da Prozentzahlen alleine aber wenig Aussagekraft haben, da sie stark von der Anzahl der Wahlberechtigten und der gültigen Stimmen abhängig sind, hier eine Auflistung der Stimmen für rechtsextreme Parteien und Vereinigungen in diesem Jahr (im Vergleich zu 2003).
Partei/Vereinigung | Stimmen 2003 | Stimmen 2007 |
Deutsche Volksunion | 6.642 | 7.566 |
Schillpartei | 12.876 | - |
Deutsche Partei | 1.391 | - |
Republikaner | - | 1.430 (nur in Bremen-Stadt angetreten) |
„Bremen muss Leben“ | - | 4.465 |
„Bürger in Wut“ | - | 2.216 (nur in Bremerhaven angetreten) |
„Ab jetzt – Bündnis für Deutschland...“ | - | 338 |
Gesamt | 20.909 (7,1%) | 16.015 (5,8%) |
Insgesamt betrachtet haben Naziparteien und rechte Wählervereinigungen (alles was rechts von der CDU steht) im Vergleich zu 2003 also knapp 5.000 Stimmen weniger erhalten. Über die Frage, ob diese WählerInnen dies Mal einfach zuhause geblieben sind, aus Versehen oder mit Absicht ungültig gewählt haben, gestorben sind oder sich für ein anderes Kreuz entschieden haben, kann natürlich nur spekuliert werden.
Wahlen zu den Bremer Stadtteilbeiräten
Bei den Beiräte-Wahlen wurden folgende 12 BewerberInnen rechtsextremer Parteien und Vereinigungen in 9 der insgesamt 22 Beiräte gewählt:
- Beirat Blumenthal:
Walter Helmut Meyer („Bremen muss leben“) - Beirat Gröpelingen:
Monika Boldt („Bremen muss leben“)
Gisela Carneiro Mendes (Republikaner) - Beirat Hemelingen:
Peter Johannes Riedel („Bremen muss leben“) - Beirat Horn-Lehe:
Werner Fincke („Bürger in Wut“) - Beirat Huchting:
Gerhard Karl König (DVU) - Beirat Obervieland:
Irmgard Anna Schmidt („Bremen muss leben“) - Beirat Osterholz:
Bernd Gaida (DVU)
Heinrich Friedrich Dege („Bremen muss leben“) - Beirat Vahr:
Markus Otten (DVU)
Hartmut Alfred Richter („Bremen muss leben“) - Beirat Walle:
Dirk Lampe (DVU)
Wahlen zur Bremerhavener Stadtverordnetenversammlung
Zeitgleich zu den Bürgerschaftswahlen fanden auch die Wahlen zur Bremerhavener Stadtverordnetenversammlung statt. Hier konnte die DVU insgesamt 3 Sitze erringen (Siegfried Tittmann, Rudolf Walter Bargmann, Anatoli Wolf), ebenso „Bürger in Wut“ (Annefriede Jutta Laue, Heinrich Grotstück, Ralf Egon Helge Matheja).
Fazit
Die richtig großen Erfolge am rechten Rande der Gesellschaft sind diesmal erfreulicherweise wieder ausgeblieben und das rechte Lager zeigte sich reichlich zersplittert. Der Bremer Landesverband der Konservativen löste sich nach Bekanntgabe des ernüchternden Wahlergebnisses sogar ganz auf – „Bremen muss leben“ ist damit gestorben.
Ernüchterung auch bei den REPs, wieder hat es nicht gereicht für ein Ergebnis jenseits von halben Prozenten. Einen weiteren Witz über „Bürger in Wut“ in Zusammenhang mit Prozentpunkten ersparen wir uns an dieser Stelle.
Die schlechten Wahlergebnisse alleine sind allerdings nur ein schwacher Trost, denn es sitzen demnächst mehr Abgeordente als zuvor in Parlamenten und Beiräten. Ebenso werden durch die wochenlange öffentliche rechte Hetze in der Stadt Feindbilder bedient und Stimmungen geschürt, was sich nicht unmittelbar in Prozentzahlen erkennen lässt, sondern ganz andere Auswirkungen haben kann.
Deswegen muss rechtem Wahlkampf auch viel entschlossener entgegengetreten werden. Dabei geht es nicht um den Schutz des Parlamentarismus, sondern darum, rechten Parolen und rassistischer Hetze keinen Raum zu geben. Weder im eigenen Briefkasten, noch in der Straße, vor dem Einkaufszentrum oder sonstwo!